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Die Operisti als kulturelles Netzwerk - Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
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23Einführung gegenseitige VerpÀichtung durch Gefälligkeiten (z. B. ¿nanziell durch die Gewährung eines Darlehens). Mariannes gutes Verhältnis zu Pietro Mingotti wird in dem Briefwech- sel mehrfach auf eine amouröse Affäre zurückgeführt,122 und auch die Freundschaft zu Giuseppe Jozzi hatte wohl eine erotische Komponente. Sinn und Zweck des Netzwerks war es, einen möglichst breiten beruÀichen InformationsÀuss über größere Distanzen her- zustellen und mit Hilfe von an anderen Orten ansässigen bzw. tätigen Korrespondenten gegebenenfalls auch ohne persönliche Anwesenheit zum eigenen Vorteil aktiv werden zu können. All das geschah aber auch in dem Bewusstsein, dass die Kommunikation aufgrund persönlicher Interessen der Akteure manipuliert werden konnte. Da Netzwerke als soziokulturelle Praxis Àuktuierende Gebilde sind,123 unterliegen sie auch Störungen und Teilzusammenbrüchen. Dies wird im Falle der Pirkers in zweifacher Hinsicht deutlich: zum einen ganz praktisch in der postalischen Kommunikation, die in ihren Zeitabläufen zu Lücken und Überschneidungen, in der Zuverlässigkeit der Zu- stellung aber auch zu Ausfällen in der Informationsübertragung führen konnte, zum anderen aber auch in der bewussten Fälschung oder im Zurückhalten von Informationen durch die Netzwerkakteure. Franz war sich dieser Risiken bewusst und versuchte, Verluste und Manipulation der Informationen durch Nummerierung der Briefe, kryptisch-allusiv gehaltene Formulierungen (ohne Nennung von Namen) und beständige Warnungen an seine Frau zu verhindern. Er nutzte die jedem Akteur des Netzwerks bekannten Unwäg- barkeiten aber auch zum eigenen Vorteil. So versuchte er etwa, Vertragsverhandlungen zwischen Jozzi und Mingotti im Jahr 1749 dadurch zu retten, dass er Briefe ignorierte und verleugnete. Eine dem Kastraten seitens des Impresarios wegen unannehmbarer For- derungen bereits erteilte endgültige Absage wollte er auf diese Weise noch einmal un- geschehen machen, um weiter verhandeln zu können. Ferner setzte er das Netzwerk auch manipulativ ein, indem er eine unliebsame Konkurrentin seiner Frau, Rosa Costa, durch eine gezielte Einladung nach London aus der Truppe Mingottis abziehen wollte, scheiterte aber mit diesem Versuch.124 Kein Netzwerk steht für sich allein,125 vielmehr folgen sie chronologisch aufeinan- der,126 schließen durch gemeinsame Knotenpunkte aneinander an. Im Falle der künstleri- schen Netzwerke der Operisti war es für jeden Akteur von grundlegender Bedeutung, über Kontakte zu den gesellschaftlichen Entscheidungsträgern, zu der kulturtragenden Elite zu verfügen. Genau deshalb standen das künstlerische und das diplomatisch-aristokratische Netzwerk über zahlreiche „Netzwerkknoten“ miteinander in Verbindung. Der Zugang zu Diplomaten- und Adelskreisen erfolgte für die Operisti entweder durch eine Empfeh- lung oder auf Initiative der sozial Ranghöheren selbst. Diplomaten konnten einen Sänger 122 Siehe z. B. die Briefe vom 14. und 28. September 1748 (18, 31). 123 Vgl. Gießmann, Verbundenheit der Dinge, S. 127–129. 124 Siehe u. a. den Brief vom 3. Juni 1749 (148). 125 Vgl. Gießmann, Verbundenheit der Dinge, S. 130. 126 Vgl. ebd., S. 129.
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Die Operisti als kulturelles Netzwerk Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
Titel
Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Untertitel
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
Band
1 & 2
Herausgeber
Daniel Brandenburg
Verlag
Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8898-8
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
1048
Kategorie
Kunst und Kultur
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