Seite - 25 - in Die Operisti als kulturelles Netzwerk - Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
Bild der Seite - 25 -
Text der Seite - 25 -
25Einführung
auf vielfältige Weise halfen, wenn sie in ökonomisch oder juristisch schwierige Situationen
gerieten.
Die Aufmerksamkeit, die Franz Pirker in seinen Briefen den einschlägigen Persönlich-
keiten in seinem Umfeld widmete, zeugt von deren Bedeutung für den Standort London
und von der besonderen Rolle, die diese Stadt als politisches und wirtschaftliches Zen-
trum – trotz aller Probleme des Opernbetriebs – für das künstlerische Netzwerk der
Opernleute hatte. Giuseppe Jozzi versuchte hingegen, mit seiner Reise in die Österreichi-
schen Niederlande in seiner Karriereplanung das eine diplomatische Zentrum (London)
durch ein anderes (Den Haag bzw. Brüssel) zu ersetzen. Durch den Friedensschluss von
Aachen und die Aussicht darauf, dass der Schwager Maria Theresias, Karl Alexander
von Lothringen, seine Hofhaltung in Brüssel einrichten würde,133 baute er darauf, dass
seine Kontakte zur wallonischen Aristokratin Marie-Louise-Bernardine Grä¿n Nobili zu
weiteren beruÀichen Perspektiven – auch für die Pirkers – führen würden. In Jozzis
Briefen wird deutlich, wie sehr er im Sinne eines Andockens an das diplomatisch-aristo-
kratische Netzwerk die Nähe von Vertretern des Militärs und ihrerseits gut vernetzter
Persönlichkeiten wie des Marquis de Montolieu134 suchte. Seine Idee einer gemeinsamen
Impresa mit den Pirkers in Brüssel zeugt davon, dass er seine Kontakte für hinreichend
solide hielt, um dieses Wagnis einzugehen.
Sowohl in London als auch in den Niederlanden wurde das diplomatisch-aristokra-
tische Netzwerk – wahrscheinlich nicht nur von den Pirkers – unter dem Aspekt seiner
internationalen Reichweite betrachtet. Ganz anders waren die Strategien und Erwartun-
gen, wenn es um einzelne Höfe wie etwa den in Kopenhagen, Stuttgart oder Wien und
deren jeweilige Hofoper ging. Hier galt es, die lokalen hierarchischen Strukturen der
Hofverwaltung, die EinÀusssphären einzelner Personen und Günstlinge genau zu kennen.
Marianne ersuchte ihren Mann noch von Hamburg aus um nähere Informationen, über
welche Bekannte sie Kontakt zum Grafen Rantzau, dem Adjutanten des dänischen Königs,
herstellen könnte,135 und Franz schickte ihr daraufhin ein Memorandum des „Herrn Koch“,
das Aufschluss über die Verhältnisse am dänischen Hof geben sollte.136
Weniger eindeutig ist ihr Vorgehen in Stuttgart. Kenntnisse der lokalen Bedingungen
dürfte Marianne bereits durch ihre Eltern und dort ansässige Künstlerkollegen erhalten ha-
ben, z. B. durch den Tenor Kajetan Neusinger, den Geiger Giovanni Battista Bianchini und
vielleicht sogar die Sängerin Francesca Cuzzoni, die seit 1745 am württembergischen Hof
engagiert war und deren Nachfolge Marianne Pirker antreten wollte. Der Zugang zum
Hofdienst war aber nur über den Oberhofmarschall Ferdinand Reinhard Wolfgang Frei-
herr von Wallbrunn möglich,137 dessen Wohlwollen sich Marianne auch noch nach der
133 Franz erwartete, dass sich in Brüssel einer der „magni¿qsten Höffen von Europa“ etablieren
werde Brief vom 16. März 1749 (117).
134 Siehe z. B. den Brief vom 29. April 1749 (129).
135 Brief vom 11. September 1748 (16).
136 Brief vom 28. Oktober 1748 (63).
137 Brief vom 11. Juli 1749 (191).
Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
- Titel
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Untertitel
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Band
- 1 & 2
- Herausgeber
- Daniel Brandenburg
- Verlag
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 1048
- Kategorie
- Kunst und Kultur