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26 Einführung
offenbar nur mündlichen Zusage138 durch Beschaffung von englischem Stoff zu sichern
suchte.139 Welche Rolle die Herzogin in diesem BeziehungsgeÀecht spielte, ist unklar,
obwohl auch sie als Bestellerin von Waren in Erscheinung trat.140 Während Giuseppe
Jozzi auf ein Empfehlungsschreiben an den Grafen Brühl setzte,141 um gegebenenfalls in
Dresden in den Dienst des sächsischen Hofs aufgenommen zu werden, knüpfte Marianne
ähnliche Hoffnungen kurzzeitig an die dort angestellte Kollegin Regina Mingotti.142 In
Wien hingegen war der Opernbetrieb aus den hö¿schen Strukturen so weit herausgelöst,
dass hier die Kontakte über Francesco Borosini bzw. Baron Rocco di Lopresti als Theater-
pächter geführt wurden.
Diese Beispiele zeigen, wie die Standorte der Opernbühnen je nach politischem, ge-
sellschaftlichem und künstlerisch-institutionellem Hintergrund den Operisti hinsichtlich
ihrer Netzwerke und Karrierestrategien unterschiedliche Möglichkeiten anboten und je-
weils andere Erfordernisse an deren Aktivierung und Erweiterung stellten. Die Netzwerke
sicherten Kommunikationskanäle zur Anbahnung von Engagements und längerfristigen
Anstellungen. Die Kriterien, die solche Vertragsverhandlungen bestimmten, konnten aber
auch ihrerseits Auswirkungen auf und über die Netzwerke entfalten und damit für die
Karriere der Operisti entscheidend sein.
3.3. Scrittura – Verhandlungen und Bedingungen
In Zusammenhang mit der Anbahnung eines Engagements und der Gestaltung von Ver-
tragsverhandlungen fallen in der Korrespondenz immer wieder zwei Begriffe, die für den
Stand der Künstler offensichtlich von großer Bedeutung waren: „merito“ und „lތonori-
¿co“. Mit „merito“ werden die bis zum jeweiligen Zeitpunkt erbrachten künstlerischen
Leistungen und das dadurch erworbene Renommee bezeichnet. In ihrem Schreiben an
Pietro Vendramin vom 11. Mai 1743143 bedankte sich Marianne dafür, dass sie trotz ihrer
bis dato geringen „meriti“ die Chance bekommen habe, zum ersten Mal in einem der
ersten Theater Italiens aufzutreten. Nur fünf Jahre später waren diese aber schon so an-
gewachsen, dass Franz in einem Brief vom 10. September 1748144 seiner Frau, die auf ein
Engagement in Wien hoffte, mitteilte, sie solle in Wien aufgrund ihrer „merit>en@“ der
Kaiserin Maria Theresia vorgestellt werden. Renommee dieser Art konnte man sich durch
Auftritte an entsprechend angesehenen Theatern erwerben, wie aus einer Bemerkung der
Sängerin Luisa Peruzzi über Marianne Pirker hervorgeht: „la peruzzi ha parlato assai male
138 Brief vom 10. Juni 1749 (156). Das eigentliche Anstellungsdekret wurde erst im April 1750
ausgefertigt vgl. Schauer, Das Personal des Württembergischen Hoftheaters, S. 41.
139 Brief vom 29. Juli 1749 (199).
140 Brief vom 22. Juli 1749 (197).
141 Brief vom 14. Oktober 1748 (50).
142 Brief vom 11. September 1748 (16).
143 Brief
Nr. 11. Mai 1743 (1).
144 Brief
Nr. 10. September 1748 (14).
Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
- Titel
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Untertitel
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Band
- 1 & 2
- Herausgeber
- Daniel Brandenburg
- Verlag
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 1048
- Kategorie
- Kunst und Kultur