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27Einführung
di me, e dice che io non abbia mai cantato sopra un teatro di merito.“145 Offenbar war es
normale Praxis, solche Karriereleistungen, wie Franz schreibt, anhand von Libretti und
Huldigungssonetten des Publikums nachzuweisen: „Du kanst ja genug Opern Bücher,
die du alle in Händen dort, und Sonetti aufweisen, wo du gesungen, und niemahl>en@
keine Battello und Serenat>en@ Sängerin gewest.“146 Mit solchen Belegen sollte Marianne
den Beweis erbringen, dass sie sich nicht mit zweitklassigen Tätigkeiten abgegeben hatte
eine „Battello und Serenat>en@ Sängerin“ würde im modernen Sprachgebrauch etwa
einer „Straßensängerin“ entsprechen. Die Anerkennung der „meriti“ durch den Impresario
oder den jeweiligen Vertragspartner war dann auch wesentlich für den Status innerhalb
des jeweiligen Ensembles. So versicherte Franz seinem Freund Jozzi, dass Mingotti sein
künstlerisches Renommee anerkenne und der Ansicht sei, seine Truppe mit ihm maß-
geblich verstärken zu können: „Lui m’accorda tutti i meriti pi che mai di lei, e per tal
raggione lui credeva di rinforzare assaissimo la sua compagnia con lei.”147 Mingotti
verband das allerdings, so Franz weiter, mit der Einschränkung, dass er Jozzi aufgrund
der geringen Gewinnmöglichkeiten am Standort Kopenhagen nicht dessen Forderungen
gemäß bezahlen könne: „In un altro luogo dice se fosse un gran signore o ricco, avrebbe
contentato lei in tutte sue dimande, e non paiono a lui sproposizionate al suo merito,
ma parla d’impossibilità, che evidentemente sa che la piazza non importi tal denaro.“148
Eine den erworbenen künstlerischen Meriten entsprechende Bezahlung als äußerer, für
alle sichtbarer Beleg derselben war aber wichtig, um sich gegenüber der Konkurrenz be-
haupten zu können.
Der zweite Terminus, „l’onori¿co“, ist grammatikalisch ein substantivisch gebrauchtes
Adjektiv. Dieser Umstand könnte darauf hindeuten, dass es sich um einen Jargon-Be-
griff handelt. Er benennt die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Bezahlung und dem
hierarchischen Ordnungsprinzip der Gesangskünstler innerhalb des Ensembles sowie der
diesem entsprechenden Partien in der Oper. Im Zuge ihrer Vermittlungsbemühungen zwi-
schen Pietro Mingotti und Giuseppe Jozzi empfahl Marianne letzterem, sich nicht auf
sein „onori¿co“ zu versteifen – also auf die Garantie, mit hoher Bezahlung seinem Rang
entsprechend auf der Bühne eingesetzt zu werden, sondern lieber darauf zu schauen,
dass er überhaupt Geld bekomme.149 Die Truppe Mingottis wäre in der Saison 1749/50
in Kopenhagen durch ein Engagement Jozzis in den Partien des ersten Soprans über-
besetzt gewesen, weil sie mit Marianne Pirker und Rosa Costa bereits über zwei erste
Sopranistinnen verfügte. Jozzi befürchtete deshalb Nachteile für sich, und Franz Pirker,
der für ihn vermittelte, war seinerseits bemüht, die daraus resultierende Beschädigung des
„onori¿co“ seiner Frau möglichst gering zu halten: „Per salvare l’onori¿co a mia moglie,
145 Brief vom 24. Mai 1749 (143).
146 Brief vom 3. Juni 1749 (149).
147 Brief vom 13. Juni 1749 (162).
148 Ebd.
149 Brief vom 18. April 1749 (132): „posso consigliare questa volta, perché lui deve misurare la sua
borsa, però non prejiudicarsi al onori¿co >«@.“
Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
- Titel
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Untertitel
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Band
- 1 & 2
- Herausgeber
- Daniel Brandenburg
- Verlag
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 1048
- Kategorie
- Kunst und Kultur