Seite - 32 - in Die Operisti als kulturelles Netzwerk - Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
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32 Einführung
verwittibte Herzogin welche mich zum erst>en@ mal getha gehört, ware außer sich, en¿n
Gott gebe was er will, es sind schon 4. Täg daß mann mir 1200 À. offerir>en@ laßen, ich bin
aber auf 1500 beruhet, morg>en@ werde die Resolution hören, es versteht sich aber wann
du komst mann dir aparte Besoldung geben wird, mann will dich aber vorhero hören.“
Der Grund für Mariannes Forderung war, dass ihre Vorgängerin Francesca Cuzzoni
eine höhere Besoldung erhalten hatte. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Marianne
zwar nicht das internationale künstlerische Renommee der Kollegin besaß, diese sich aber
in ihren Stuttgarter Jahren bereits jenseits des Zenits ihrer Karriere befand. Das Ergebnis
der Verhandlungen teilte Marianne ihrem Mann am 19. Juni 1749 mit: „En¿n ich muß dir
doch bericht>en,@ daß ich vor 8: täg>en@ /:aufs künftige nach meiner Retour:/ in hießige
Dienste angenomm>en@ ?word>en@/ bin, und zwar mit all>en@ avantagen so mann wün-
schen kan, dann ich habe nicht nur der Cuzzoni ihre Besoldung, sondern habe die Helfte
naturalien, welche mann gedoppelt verkauft, mithin komme ich auf 1800 À. ich allein,
hernach wird mann dir nach dein>en@ meriten auch eine Besoldung außwerf>en@, dann
mann will dich zu erst höre>n@, wann ich eine schöne arie welche neu von Klug ist, so
sage ich sie seye von dir >«@.“170 Die Produktion von Lebensmitteln war teuer, weshalb
eine Bezahlung in Naturalien ebenso bedeutsam war wie Bargeld. Die Aussicht darauf,
dass Franz Pirker, anders als in Wien, eine Anstellung mit zusätzlicher Besoldung würde
aushandeln können, versprach weitere Einnahmen, die aus Mariannes Sicht auch die ÃAn-
eignungµ einer Komposition Glucks („von Klug“) rechtfertigten.
Mit der Anstellung in Stuttgart gelang es den Pirkers, sich endlich ein mittel- bis länger-
fristig gesichertes Auskommen zu verschaffen. Die Briefe von Franz aus dem Jahr 1753
zeigen, dass er dank seiner reichen, europaweit gesammelten beruÀichen Erfahrungen
mit der Aufgabe betraut wurde, als Bevollmächtigter des württembergischen Herzogs in
Italien geeignetes Opernpersonal zu engagieren. Wahrscheinlich wirkte er in dieser
Funktion auch an der VerpÀichtung Niccolò Jommellis mit, der als württembergischer
Opernkapellmeister in den folgenden Jahren am Stuttgarter Hof eine Zeit besonders
prachtvoller OpernpÀege zu verantworten hatte. Am weiteren Schicksal des Paares wird
aber auch deutlich, wie fragil die Position eines Musikers als Hofangestellter sein konnte.
Eine hö¿sche Affäre, die nur in ihren Ergebnissen bekannt ist, genügte, um die gewonnene
existenzielle Stabilität durch eine mehr oder minder willkürliche Inhaftierung wieder zu
zerstören und damit paradoxerweise für die Überlieferung eines Briefbestandes zu sorgen,
der uns ungewöhnliche Einblicke in die Opernwelt des 18. Jahrhunderts gewährt.
170 Brief vom 19. Juni 1749 (169).
Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Band 1 & 2
- Titel
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Untertitel
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Band
- 1 & 2
- Herausgeber
- Daniel Brandenburg
- Verlag
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 1048
- Kategorie
- Kunst und Kultur