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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
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Eingeblendete NS-Opfernarrative    25 len Alltagserfahrung wurde, wird selbst das Vergangene zunehmend aktualisiert. Auf welche Weise gerade Abwesendes, Leerstellen, Lücken und Auslassungen als latente Einblendungen in die Gegenwart von Schreibenden vordrängen, zeigen exemplarisch Auszüge aus Jarosław Marek Rymkiewiczs Umschlagplatz und Natascha Wodins Sie kam aus Mariupol, worin teils spekulative Opfernarrative durch eine fotografische Latenz angestoßen werden. Analog hierzu wird in Line Hovens Comic Liebe schaut weg gerade das Latente konturiert, um Aussparungen als solche auszuweisen und in ihrer Rätselhaftigkeit bestehen zu lassen, ohne jedoch die lückenhaft erzählte Familiengeschichte zu beklagen oder anzuklagen. 1 Latente Opferbilder aus dem Off In einem aufschlussreichen Fokus stehen in Jarosław Marek Rymkiewiczs, Jahr- gang 1935,4 Umschlagplatz von 1988 fotografische Posen aus dem Familienalbum. Angesichts des Titels5 weist der mit dem Autor gleichnamige und mit dessen auto- bio grafischen Zügen ausgestattete Ich-Erzähler darauf hin, dass Histori ker*innen sicherlich bessere Expert*innen für eine Rekonstruktion des in der Warschauer Topografie der 1980er Jahre verschwundenen Umschlagplatzes sind. Als Litera- turhistoriker mit umfangreichen Interpretationserfahrungen sei er selbst jedoch auch prädestiniert, denn „Umschlagplatz nie istnieje i pozostały tylko opisujące go słowa“ (Rymkiewicz 1992, 41–42) [„der Umschlagplatz existiert nicht mehr, geblieben sind nur mehr Worte, die ihn benennen“ (Rymkiewicz 1993, 60)]. In dem Text berichtet der Ich-Erzähler ebenso über seine Spurensuche nach dem Warschauer Umschlagplatz in literarischen Erinnerungen wie über seine karto- grafischen Rekonstruktions versuche6 und topografischen Ortsbegehungen, um sich ein Bild zu machen. Umschlagplatz enthält zahlreiche fotografische Paralle- 4  Der Autor, etablierter Intellektueller, vor allem Dichter, ist zwischenzeitlich zur intellektuellen Galionsfigur der polnischen Rechtskonservativen avanciert. Vgl. hierzu die tendenziöse Film- dokumentation Poeta pozwany [Angeklagter Poet] (vgl. Braun 2012) sowie die im fundamenta- listisch katholischen Fronda-Verlag erschienene Monografie Spór o Rymkiewicza [Der Streit um Rymkiewicz] (vgl. Rowiński 2012). 5  Bei dem Umschlagplatz in Warschau handelt es sich um eine Sammelstelle, wohin Jüd*innen aus dem Warschauer Getto zum Weitertransport in Vernichtungslager getrieben wurden. Zuvor war der Umschlagplatz ein Güterbahnhof. Der Ort des Grauens wurde 1988 zur offiziellen Ge- denkstätte mit einem Monument. Literarisch setzte ihm 1946 bereits der polnische Pianist und Komponist Władysław Szpilman in seiner Autobiografie ein Denkmal (Szpilman 1946; Szpilman 2004), das auch Roman Polanski in seiner Verfilmung aufgriff (Pianista 2002). 6  Entsprechend ist in der polnischen Ausgabe ein Plan des Umschlagplatzes (Rymkiewicz 1992,
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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Titel
Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Herausgeber
Eva Binder
Christof Diem
Miriam Finkelstein
Sieglinde Klettenhammer
Birgit Mertz-Baumgartner
Marijana Milošević
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-069346-1
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
350
Schlagwörter
Opfernarrative, zeitgenössische Literatur, transnationale Erinnerung, Transnationalität
Kategorie
Lehrbücher
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