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teiligung der jüdischen Bevölkerung versuchten die Betroffenen durch Auswande-
rung zumeist nach Amerika oder in westeuropäische Staaten zu entkommen. Auch
wenn Palästina in vielen Fällen nur als Alternative aufgesucht wurde (etwa in den
1920er Jahren, als die Einwanderungsbestimmungen der USA drastisch verschärft
wurden, insbesondere aber als die nationalsozialistische Bedrohung eine rasche
Flucht erforderte, sich die potentiellen Aufnahmeländer aber zunehmend weiger-
ten, diese Rolle zu übernehmen), wurde das Land seit dem späten 19.
Jahrhundert
allmählich häufiger als Emigrationsziel in Betracht gezogen. Als Unikum unter den
Zielländern stellte Palästina aber nie bloß eine Zufluchtsstätte dar, sondern bot seit
jeher gleichermaßen die Möglichkeit, das individuell umzusetzende zionistische
Ziel zu realisieren und der Überzeugung wegen zu immigrieren. Dass sich Palästina
zu jeder Zeit von allen anderen Emigrations- und Zufluchtsländern unterschied,
wird noch einmal bei der Betrachtung der zahlreichen (nicht unproblematischen)
Begrifflichkeiten deutlich, die im Zusammenhang mit der Palästina-Wanderung
auftauchen und derer sich die Zionistinnen und Zionisten bei der Entwicklung und
Verbreitung ihres Programms bedienten.
Begriffsbestimmungen
„So spricht Kyrus, der König von Persien: Der Herr, der Gott des Himmels,
hat mir alle Königreiche der Erde gegeben, und er hat mir befohlen, ihm
ein Haus zu Jerusalem in Juda zu bauen. Wer nun unter euch von seinem
Volk ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem in Juda
und baue das Haus des Herrn, des Gottes Israels; das ist der Gott, der zu
Jerusalem ist.“29
Mit dem Sieg der persischen Achämeniden über Babylon 539 v. Chr. wurde der
jahrzehntelangen babylonischen Gefangenschaft, der folgenreichen Zäsur im Leben
und Selbstverständnis der verschleppten Israeliten, ein Ende bereitet und es begann
sich die Hoffnung der Exilierten auf die Alijah, auf das künftige „Hinaufziehen“
in die alte Heimat, zu erfüllen. Die Möglichkeit, nach Israel zurückzukehren, die
der Perserkönig Kyros II. nach biblischer Überlieferung den – wie sie ab dieser
Zeit genannt wurden – Juden mit oben zitierten Worten zugesprochen haben soll,
konnte allerdings nicht von allen Betroffenen wahrgenommen werden, wodurch
die Diaspora30 zu einer Form jüdischer Existenz wurde, die sich spätestens mit der
Eroberung Jerusalems durch die Römer und der Niederschlagung des Bar-Kochba-
29 Altes Testament, Buch Esra, Vers 1,2–1,3. Vgl. 2. Buch Chronik, Vers 36,23.
30 Der Begriff leitet sich vom griechischen Verb „dia-speirein“ ab und bedeutet „ausstreuen“, „sich
zerstreuen“ bzw. „getrennt werden“. In der Septuaginta, der ältesten durchgehenden Bibelüberset-
zung, bezeichnet „Diaspora“ (hebr.: Galuth) sowohl den Vorgang der Zerstreuung Israels unter die
heidnischen Völker als auch die Zerstreuten selbst. Positiv konnotiert meint der Begriff auch die
besondere Situation, dass unzählige Jüdinnen und Juden bis heute außerhalb des Landes Israels le-
ben, ihre Beziehung zum Mutterland aber beständig pflegen. Auch im Kontext anderer „verstreuter“
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918