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das von der Frage bestimmt war, ob man zuerst Jude oder zuerst Engländer sei.
Befürchtungen, der staatsbürgerliche Status könnte durch die politische Konzep-
tion einer „nationalen Heimstätte für das jüdische Volk“ gefährdet werden, sollte
durch die explizite Thematisierung in der Balfour-Erklärung, wonach das Vorhaben
in Palästina die Rechte und Verhältnisse der Juden in den Ländern der Diaspora
keinesfalls beeinträchtigen dürfe, entgegengewirkt werden.101
Kritische oder gegnerische Stimmen wurden dann auch von jenen übertönt, die
die Mehrheit der Jüdinnen und Juden repräsentierten und die Deklaration als etwas
Unglaubliches ansahen, das „zwanzig Jahre nur von einer Handvoll als Schwärmer
angesehener Juden als Voraussetzung für die Lösung der Judenfrage proklamiert
worden war: […] Die Menschheit fühlt, dass sie an den Juden wieder gutzumachen
hat, und dass deshalb, wie einer der edelsten Männer der britischen Nation, Lord
Cecil, sagte, das jüdische Palästina eines der bleibenden Güter der Menschheit sein
kann; Symbol für diesen Willen zur Wiedergutmachung ist die Balfour-Deklaration;
aus ihr wird die Wirklichkeit werden, die ihr das Judentum gibt.“102
101 Auch Herzl versuchte die Ängste der „assimilierten“ (in diesem Fall französischen) Juden als un-
begründet zu widerlegen: „Nun würde allerdings die staatsbildende Bewegung, die ich vorschlage,
den israelitischen Franzosen ebenso wenig schaden, wie den ‚Assimilierten‘ anderer Länder. Nützen
würde sie ihnen im Gegenteil, nützen! […] Sie könnten sich ruhig assimilieren, weil der jetzige
Antisemitismus für immer zum Stillstand gebracht wäre. Man würde es ihnen auch glauben, dass
sie bis ins Innerste ihrer Seele assimiliert sind, wenn der neue Judenstaat mit seinen besseren
Einrichtungen zur Wahrheit geworden ist und sie dennoch bleiben, wo sie jetzt wohnen.“ Herzl,
Judenstaat, S. 19 f.
102 E. G. Fried, Die Balfour-Deklaration. In: Menorah, Jg. 5 (1927) Nr. 11, S. 646.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918