Seite - 55 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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Beherrschung durch eine spezifische Fraktion von Beginn an entgegenwirken soll-
te.128 Im Sinne der Beschlüsse des Zionistenkongresses setzte sich die Kommission
aus vier Vertretern der so genannten bürgerlichen Gruppen (davon wurden drei
vom „Zionistischen Landeskomitee für Österreich“ und einer von den religiösen
Zionisten „Misrachi“129 gestellt), drei Delegierten der zionistischen Arbeiterver-
bände (je einer von der „Hitachduth“, „Poale-Zion“130 und „Zeirei-Zion“131) und
einem Repräsentanten der chaluzischen Organisation zusammen. Der Leiter des
Palästina-Amts fungierte als 9. Mitglied und als Vorsitzender der Kommission, aus
deren Mitte ein fünfköpfiges Präsidium gewählt wurde. Während das aus je zwei
Vertretern der „rechten“ und „linken“ Parteien und dem Leiter bestehende Präsi-
dium wöchentlich zusammentraf und laufende Angelegenheiten des Palästina-Amts
besprach, versammelte sich die Kommission nur einmal im Monat und behandelte
allgemeine Fragen der Alijah.132
Auch wenn teilweise auf das Budget des sich durch Mitgliedsbeiträge und Ver-
lagsgeschäfte finanzierenden KKL zugegriffen werden konnte, war das Palästina-
Amt von Beginn an auf andere Einnahmequellen angewiesen. Neben Veranstaltun-
gen und Spendensammlungen war beispielsweise eine entgeltliche fachmännische
Beratung für Kaufleute und Industrielle geplant. Zur Unterstützung der mittellosen
Auswanderinnen und Auswanderer und zur Erhaltung des Wohlfahrtsbetriebes
wurde ein eigenes „Fürsorgekomitee für Palästina-Emigranten“133 gegründet, das
Geld- und Naturalleistungen von der amerikanisch-jüdischen Hilfsorganisation
„Joint“ („American Jewish Joint Distribution Committee“) bezog und daneben
unter der jüdischen Bevölkerung Wiens sammelte. Subventionen seitens der „Zio-
nistischen Exekutive“ wurden dem Büro erst 1921 zugesprochen: Nach internen
Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten
– das Kopenhagener Büro der „Zio-
nistischen Organisation“ sprach sich bereits 1919 gegen eine finanzielle Unterstüt-
zung des Palästina-Amts aus und begründete seine Ablehnung mit dem begrenzten
Budget und der noch ungeregelten Organisation der Palästina-Wanderung134 –
128 Da Palästina „heute keine Parteisache mehr ist, sondern eine Angelegenheit des ganzen Volkes“,
sollte – wie es an anderer Stelle heißt – „allen gutwilligen jüdischen Kreisen die Möglichkeit zur
Mitarbeit“ in der Kommission und letztlich am Aufbau des Landes erschlossen werden. Vgl. Emil
Stein, Auf dem Weg nach Palästina. Bericht über die Aufgaben und Arbeiten des Wiener Palästi-
naamtes in der Generalversammlung des Vereines „Keren Kajemeth Lejisrael Wien“ am 25. März
1919. CAHJP, A/W 2865, S. 3.
129 Abkürzung für „Merchas Rukani“, hebr.: geistiges Zentrum.
130 Hebr.: Arbeiter Zions.
131 Hebr.: Die Jungen Zions.
132 Bericht des Palästina-Amts, S. 4.
133 Unter dem gleichen Sitz entstand später auch ein allgemeines „Fürsorgekomitee für jüdische Emig-
ranten“, das sich unter dem Vorsitz des Oberrabbiners Zwi Perez Chajes (1876–1927) um die nicht
nach Palästina Strebenden und die physisch, ideell oder politisch „ungeeigneten“ Wanderinnen und
Wanderer kümmerte und die Rückreise in den Osten oder Weiterreise nach Westeuropa, Nord- und
Südamerika organisierte.
134 „[…] It is clear that if you begin to subvention the Vienna office, all other Palestine offices, who
can claim for themselves the same privilege which Vienna demands, will express a similar wish. As
I presume that you are not in a position to subvention all these Palestine offices, I should suggest
that you write to the people in Vienna that you cannot subvention the Palestine office before the
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918