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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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Seite - 70 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945

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70 Berufsstruktur und in Abstimmung vor allem auf die wirtschaftlichen Erfordernisse in Palästina erfolgte eine veränderte Akzentuierung in den Berufsfeldern  – weg von nichtproduktiver hin zu körperlicher und manueller Arbeit.173 Umgesetzt wurde die angestrebte Neuordnung einerseits durch die berufliche „Umschichtung“ von bereits in anderen Professionen ausgebildeten Jugendlichen und andererseits durch die Lehrausbildung speziell in landwirtschaftlichen und gewerblichen Berufen. Als kollektive Ausbildungsstätten dienten landwirtschaftliche Betriebe und im urbanen Bereich Stadt-Kibbuzim, wo die Teilnehmenden neben der fachlichen Qualifikation auch das Leben in der Gemeinschaft kennen lernen sollten. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse in Palästina wurde gewissen Berufen eine bevorzugte Stellung im Ausbildungsprogramm eingeräumt, darunter jene, die mit dem Bau von Häusern in Verbindung standen (z. B. Zimmerer, Tischler, Maurer, Spengler), aber auch Schmiede, Lackierer etc. Abgesehen von Kursen für die üblichen landwirtschaft- lichen Betätigungen wurden etwa auch solche für Geflügel- und Bienenzucht und Käserei angeboten. Der Schwerpunkt bei den weiblichen Berufen lag in den Berei- chen Haus- und Landwirtschaft, Näherei und Kinderpflege. Dass mit dem Prozess der Hachscharah häufig eine radikale Veränderung der eigenen Lebensperspektive und -gewohnheiten einherging, verdeutlicht die Schil- derung von Perez Leshem (geb. Fritz Lichtenstein), der 1922 den deutschen Lan- desverband des „Hechaluz“ mitgegründet hatte. Der Großteil der 15.000 Mitglieder, die sich Ende 1933 in Deutschland in Ausbildung befanden  – die Teilnehmerzahl war infolge der NS-Machtübernahme sprunghaft angestiegen  –, waren „junge Juden, kaum noch religiös, national vom Judentum weit entfernt, an ihre deutsche Heimat assimiliert, kleinbürgerlicher Mentalität und Lebensart. Meist kaufmän- nisch tätig gewesen, auf sozialen Aufstieg bedacht, sahen sie sich unerwartet aus ihrer Berufs- und Lebensbahn gerissen.“174 Auf den mit der Hinwendung zum cha- luzischen Leben verbundenen Bruch mit den beruflichen und gesellschaftlichen Konventionen macht Gabriele Anderl aufmerksam, die außerdem auf die Ableh- nung der „assimilierten“ Lebensweise der Eltern und die Übernahme des auf den Prinzipien eines sozialistischen Zionismus basierenden Modells der Jugendlichen auf das Phänomen des Generationenkonflikts verweist.175 Der später als Leiter der Jugend-Alijah tätige Georg Überall (1917–1980) erzählte, dass die Eltern für seine Arbeit im zionistischen Jugendverband wenig Begeisterung aufbrachten. „Tatsächlich kam der große Widerstand von den jüdischen Eltern. Wir woll- ten ja ihre Kinder aus dem bürgerlichen Leben dieser Familien herausrei- ßen, damit sie nach Palästina gehen, dort Pionierarbeit leisten und Mitglied eines Kibbuz werden. ‚Mein Sohn, der Herr Doktor‘, war die traditionelle Idealvorstellung dieser Kreise. So fiel es uns bitter schwer, jene Eltern, die 173 Anderl, Generationenkonflikte, S. 80. 174 Zit. in: Sieghard Bußenius, Zionistische Erziehung im Norddeutschen Moor  – Die Ausbildungsstät- te des Hechaluz auf dem Brüderhof bei Harksheide. In: Andreas Paetz/Karin Weiss (Hg.), „Hachs- chara“. Die Vorbereitung junger Juden auf die Auswanderung nach Palästina, Potsdam 1999, S. 31 f. 175 Siehe dazu allgemein Anderl, Generationenkonflikte; hier S. 82–84.
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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Titel
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Untertitel
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Autor
Victoria Kumar
Verlag
Studienverlag Ges.m.b.H.
Ort
Innsbruck
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7065-5419-0
Abmessungen
15.6 x 23.4 cm
Seiten
216
Schlagwörter
Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
Kategorien
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