Seite - 76 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Bild der Seite - 76 -
Text der Seite - 76 -
76
Zionistische Vereine und Zeitschriften
im Wien der Zwischenkriegszeit
Zionistische Parteien und Vereine
Eine Darstellung der österreichischen bzw. Wiener zionistischen Parteien und Ver-
eine der Zwischenkriegszeit darf hier aufgrund deren Funktion als institutionelle
Träger der Alijah nicht fehlen. Im Hinblick auf die Fragestellungen und die vorhan-
dene Literatur188 erscheint es für diese Untersuchung ausreichend, sich auf einen
groben Überblick zu beschränken und in erster Linie jene Aspekte zu behandeln,
die im Zusammenhang mit der Palästina-Wanderung (Werbe- und Informationstä-
tigkeiten, Auseinandersetzungen im Kontext der Zertifikatsverteilung etc.) stehen.
Eine Analyse der zionistischen Zeitungen und Vereinsorgane kann aufgrund des
großen publizistischen Umfangs hier nicht erfolgen, es sei nur auf deren Existenz,
Intention und zentrale Inhalte verwiesen. Ebenfalls muss auf eine Befassung mit den
übrigen jüdischen Institutionen und Organisationen verzichtet werden.189
Charakteristisch für das jüdische Vereinsleben in Wien – jene Stadt, in der in
den 1930er Jahren über 90 Prozent der Jüdinnen und Juden Österreichs lebten und
auf die sich die folgenden Ausführungen beziehen – war eine enorme Vielfalt, die
anhand der für März 1938 gültigen Zahl von 444 Vereinigungen, darunter 88 Beth-
ausvereine und 356 weltliche Vereine, deutlich wird. Letztere setzten sich vor allem
aus Fürsorge-, Wohltätigkeits- und Sportvereinen zusammen, 82 Vereinigungen
waren als zionistisch einzustufen. Während
– wie Herbert Rosenkranz festhält
– das
große Spektrum an Zusammenschlüssen allgemein für eine innerjüdische Situation
spricht, die infolge des beträchtlich gestiegenen Antisemitismus bzw. der zu diesem
Zeitpunkt bereits Realität gewordenen nationalsozialistischen Bedrohung nach
einem Ausweg suchte, zeugt die Vielzahl an zionistischen Vereinen auch von einer
starken Zersplitterung, die für die zionistische Bewegung in Österreich vor allem in
den Jahren vor dem „Anschluss“ kennzeichnend war.190 Gabriele Anderl konstatiert
außerdem einige auffallende Sonderentwicklungen, die, obwohl die Mehrheit der
188 Dieses Kapitel stützt sich vor allem auf die grundlegende Arbeit von Jens Budischowsky, Assimi-
lation, Zionismus und Orthodoxie in Österreich 1918–1938. Jüdisch-politische Organisationen in
der Ersten Republik. Phil. Diss., Wien 1990. Siehe dazu außerdem Erika Weinzierl, Das österreichi-
sche Judentum von den Anfängen bis 1938. In: Erika Weinzierl/Otto D. Kulka (Hg.), Vertreibung
und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft, Wien-Köln-Weimar 1992, S. 31–50;
Sylvia Maderegger, Die Juden im österreichischen Ständestaat 1934–1938, Wien-Salzburg 1973,
S. 4–43.
189 Zum jüdischen Vereinsleben bis 1938 siehe u. a.: Shoshana Duizend-Jensen, Jüdische Gemeinden,
Vereine, Stiftungen und Fonds. „Arisierung“ und Restitution (= Veröffentlichungen der Österrei-
chischen Historikerkommission, Bd. 21/2), Wien 2004.
190 Rosenkranz, Verfolgung, S. 13.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918