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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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Seite - 94 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945

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94 „Ihre Habe brachten sie in riesigen Holzkisten mit, von denen einige an- schließend als Geräteschuppen oder Obdachlosenbehausung dienten. Bei der Ankunft enthielt so ein Holzcontainer oft schwere Mahagonimöbel, einen Flügel und einen elektrischen Kühlschrank, der angesichts der ori- entalischen Hitze aber bald kaputtging und zur einfachen Kühlbox degra- diert wurde. Die deutschen Juden brachten ihr Porzellan und Kristall mit, ihre Bettdecken, Kissen und Damastservietten, die Maßanzüge, die sie in Deutschland getragen hatten, und zahllose andere Dinge, die ihnen das Le- ben dort angenehm gemacht hatten: Zigarrenabschneider, Kirschentsteiner, Briefwaagen, Dochtscheren, kleine Tischbesen mit Krümelschaufeln. Ärzte und Handwerker kamen mit komplizierten Geräten und Werkzeugen, die in Palästina selten oder sogar unbekannt waren, denn sie hofften, die ihnen aus der alten Welt geläufige Lebensweise beibehalten und nach Palästina verpflanzen zu können.“247 Harsche Kritik seitens des Yishuvs und die Einführung wenig schmeichelhafter Begriffe wie „Hitler-Zionisten“ oder „Jeckes“248, zu welchen im Übrigen auch die österreichischen Immigrantinnen und Immigranten gezählt wurden, waren die Folge.249 Verspottet wurde dabei speziell die von Ordentlichkeit, Pünktlichkeit und Kultursinn geprägte Lebensweise der deutschen und österreichischen Einwande- rinnen und Einwanderer. Gewissermaßen als Reaktion auf die Ansprüche, die an die Neueinwanderinnen und -einwanderer gestellt wurden oder als Form des Umgangs mit der schwierigen Situation, die die Immigration mit sich brachte, betonten häufig gerade jene Ein- wanderinnen und Einwanderer, die dem Zionismus in ihrem Herkunftsland fern gestanden waren, ein Nahverhältnis zu eben diesem. Der deutsche Journalist und Fotograf Walter Zadek (1900–1992), der selbst 1933 nach Palästina emigriert war, kommentierte diese Beobachtung wie folgt: 247 Vgl. Tom Segev, Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung, New York 1995, S. 52–69, hier S. 67 f. 248 Für die Herkunft des Terminus „Jecke“ gibt es unterschiedliche Erklärungen, z. B. wird auf die Jacke Bezug genommen, die deutsche Juden auch im heißen Palästina mit Vorliebe getragen hätten. Einen Versuch, den „Jecke“ zu charakterisieren, unternimmt Eva Beling und führt als wesentliche Merkmale staatsbürgerliche Loyalität, schwaches Kollektivbewusstsein mit dem jüdischen Volk, politische Passivität und gehobenen Bildungsgrad an. „Ganz scharf gefasst, kann man sagen, der Jecke ist ein guter Deutscher in der jüdischen Diaspora, der sich nicht zwischen der neuen Heimat, die ihm sicherlich lieb geworden ist, und der alten Heimat, die er in ihrer neuen Form teilweise sogar fürchtet, zu entscheiden wagt.“ Eva Beling, Die gesellschaftliche Eingliederung der deutschen Einwanderer in Israel. Eine soziologische Untersuchung der Einwanderung aus Deutschland zwi- schen 1933 und 1945, Frankfurt 1967, S. 58–65, hier S. 65. Siehe auch Klaus Hillenbrand, Fremde im neuen Land. Deutsche Juden in Palästina und ihr Blick auf Deutschland nach 1945, Frankfurt am Main 2015, S. 17–88; Gisela Dachs (Hg.), Jüdischer Almanach. Die Jeckes, Frankfurt am Main 2005. 249 Helga Embacher/Margit Reiter, Gratwanderungen. Die Beziehungen zwischen Österreich und Is- rael im Schatten der Vergangenheit, Wien 1993, S. 29 f.
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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Titel
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Untertitel
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Autor
Victoria Kumar
Verlag
Studienverlag Ges.m.b.H.
Ort
Innsbruck
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7065-5419-0
Abmessungen
15.6 x 23.4 cm
Seiten
216
Schlagwörter
Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
Kategorien
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