Seite - 96 - in Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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wegung nicht nur im Hinblick auf die personelle Beschaffenheit, sondern auch
in quantitativer Hinsicht sehr unterschiedlich verlief. Resultierend aus den oben
beschriebenen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen in den Herkunftslän-
dern wanderte die überwiegende Mehrheit während der ersten Phase, deren Ende
der Arabische Aufstand von 1936 markierte, ein. Auf die einzelnen Jahre verteilte
sich die Alijah laut den Aufzeichnungen der Jewish Agency wie folgt: 1929 kamen
5.249 Jüdinnen und Juden ins Land, 1930: 4.944, 1931: 4.075, 1932: 9.553, 1933:
30.327, 1934: 42.359, 1935: 61.854 und 1936: 29.757. Die daraus hervorgehenden
demographischen Veränderungen betrafen sowohl die Größe des Yishuvs als auch
dessen proportionalen Anteil an der Gesamtbevölkerung Palästinas: 1929 lebten
156.800 Jüdinnen und Juden in Palästina, die 16,3 Prozent der Bevölkerung aus-
machten; bis 1936 waren diese Zahlen auf 404.400 bzw. 29,2 Prozent gewachsen.252
Der dramatische Anstieg der jüdischen Einwanderung während der ersten Peri-
ode der Fünften Alijah bedingte einen gleichermaßen dramatischen Rückgang in
den Folgejahren: Großbritannien reagierte auf den arabischen Widerstand gegen
den immensen Zuwachs der jüdischen Bevölkerung in Palästina mit einer deutli-
chen Reduzierung der Einwanderungsquoten, die die Immigrationszahlen im Jahr
1937 auf 10.536, 1938 auf 12.868 fallen ließen. 1939 kam es zu einer letztmaligen
Zunahme, wobei
– wiederum als Folge der beschränkten Zertifikatsausgabe
– auch
der Anteil der illegalen Alijah beträchtlich stieg: Von den 27.561 Immigrantin-
nen und Immigranten kamen (geschätzte) 11.156 auf illegalem Weg ins Land.
Schließlich führte der Kriegsausbruch zu einer beinahe vollständigen Einstellung
der geregelten Einwanderung nach Palästina und letztlich zum Ende der fünften
Immigrationswelle. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs lebten ungefähr 475.000
Jüdinnen und Juden in Palästina.
Bei der Quantifizierung der österreichischen Alijah zwischen 1929 und 1939
werden hier abermals die Daten aller vorliegenden Statistiken wiedergegeben. Jene
des Wiener Palästina-Amtes beziffert die über das Büro abgefertigten Personen
bis 1935 folgendermaßen: 1929: 206, 1930: 115, 1931: 118, 1932: 132, 1933: 299,
1934: 604 und 1935: 934.253 Die vom Wanderungsamt getätigten Aufzeichnungen
sind für die Jahre 1929 und 1930, sowie 1933 bis 1937 verfügbar: Ihnen zufolge
emigrierten 1929 20 Personen von Österreich nach Palästina, 1930: 28, 1933: 229,
1934: 518, 1935: 509, 1936: 161 und 1937: 78. Die zwischen 1919 und 1936 erfolgte
Palästina-Wanderung von Österreicherinnen und Österreichern belief sich gemäß
dieser Statistik auf 1.931.254 Es sei hier allerdings noch einmal darauf verwiesen, dass
252 Statistical Handbook of Jewish Palestine, S. 47. Vermutlich weil die illegale Einwanderung nicht
berücksichtigt, die Emigration aber abgezogen wurde, weichen die Daten der „Palestine Blue Books
of Statistics“ ab 1933 von diesen Zahlen etwas ab. TNA, CO 821/8–14.
253 Palästina-Informationsbuch, S. 47. Die Broschüre wurde 1936 veröffentlicht, weswegen die letzten
Daten aus dem Jahr 1935 stammen. Im Kapitel zur Bevölkerung Palästinas tauchen merkwürdi-
gerweise andere Zahlen auf: 1933 wären 312 Personen von Österreich nach Palästina emigriert
(darunter 77 „Kapitalisten“, 49 angeforderte Familienangehörige und 186 Zertifikatsempfänge-
rinnen und -empfänger – vermutlich der Arbeiterkategorie), 1934 771 (211 „Kapitalisten“, 141
Familienangehörige und 479 Zertifikatsempfängerinnen und -empfänger). Ebda., S. 68.
254 ÖSta, AdR/BKA/WA 2236/344–346. Vgl. Anderl, Generationenkonflikte, S. 94.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918