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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht - Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
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109 rungsbericht festhält: „Mitte der dreißiger Jahre war Auswanderung für die meisten Badener Juden eine Möglichkeit, von der man jedoch hoffte, dass sie nicht notwen- dig werden würde.“286 Wie Anton Pelinka konstatiert, erfolgte die Auswanderung von Österreich nach Palästina auch nach 1933 nicht vor dem Hintergrund einer Vertreibung oder als Protest gegen das politische System und hatte nicht den Charakter einer Flucht, den sie ab 1938 aufweisen sollte. Als Hauptmotiv für die Emigration gab mehr als die Hälfte der im Rahmen des von Erika Weinzierl und Otto D. Kulka ini- tiierten Interviewprojekts befragten österreichischen Jüdinnen und Juden, die vor 1938 nach Palästina migriert sind, ein Naheverhältnis zum Zionismus an.287 Trotz dieser Erkenntnis und obwohl sich die Alijah in den 1930er Jahren sicherlich größtenteils über die Strukturen und Netzwerke verschiedener zionistischer Grup- pierungen vollzog, wäre es verkürzt, die Palästina-Wanderung aus Österreich vor dem „Anschluss“ allein als zionistisch motiviert zu betrachten. Ausgehend von der Annahme, dass der moderne Zionismus als politische Antwort auf den sich seit Ende des 19.  Jahrhunderts in zahlreichen europäischen Ländern manifestierenden Antisemitismus zu verstehen ist, muss dieser Zusammenhang auch berücksichtigt werden, wenn der Zionismus als primärer Beweggrund für die Emigration genannt wird. Dass bei der Befragung als zweithäufigstes Auswanderungsmotiv vor 1938 der Antisemitismus genannt wurde, gibt Aufschluss darüber, wie sich das politische und soziale Klima für die jüdische Bevölkerung Österreichs in der Zwischenkriegszeit dargestellt hat: Schon lange vor dem Nationalsozialismus war die Judenfeindlich- keit  – wenn auch mit unterschiedlicher Intensität und Erscheinungsform  – „selbst- verständlicher“ Bestandteil von Politik und Gesellschaft. Zwar wurden Jüdinnen und Juden in der ständestaatlichen Diktatur nicht offen diskriminiert, die Haltung der Regierungen unter Dollfuß und Schuschnigg zu den jüdischen Staatsbürge- rinnen und Staatsbürgern wurde aber von ihrer katholischer Prägung bestimmt, sodass Angehörige der Römisch-Katholischen Kirche im Gegensatz zu Österreiche- rinnen und Österreichern jüdischen (und anderen) Glaubens indirekt bevorzugt wurden. Wenn auch der Antisemitismus nicht als Propagandamittel instrumenta- lisiert wurde, tolerierte die Staatsführung die in der Gesellschaft verankerte Juden- feindlichkeit weitgehend und duldete auch die von verschiedenen Seiten betriebene antisemitische Agitation  – allerdings, so Sylvia Maderegger in ihrer grundlegenden Arbeit zur Stellung der Jüdinnen und Juden im österreichischen Ständestaat, nur solange diese nicht mit einem Bekenntnis zum Nationalsozialismus verbunden waren und als „staatsfeindlich“ erachtet wurden.288 Auf der anderen Seite durften die zionistischen Jugendbünde weiter bestehen, sofern zu den strikt verbotenen Linksparteien kein Kontakt aufgenommen wurde und sich die Tätigkeiten auf die zionistische Arbeit beschränkten. 286 Karl Pfeifer, Einmal Palästina und zurück. Ein jüdischer Lebensweg, Wien 2013, S. 17. 287 Christian W. Haerpfer, Israelische Bürger österreichischer Herkunft. Eine statistische Analyse der quantitativen Befragung. In: Erika Weinzierl/Otto D. Kulka (Hg.), Vertreibung und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft, Wien-Köln-Weimar 1992, S. 465. 288 Maderegger, Juden, S. 116.
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Land der Verheißung – Ort der Zuflucht Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Titel
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Untertitel
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
Autor
Victoria Kumar
Verlag
Studienverlag Ges.m.b.H.
Ort
Innsbruck
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7065-5419-0
Abmessungen
15.6 x 23.4 cm
Seiten
216
Schlagwörter
Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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