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Jisroel“. Obwohl die Zertifikatsanzahl für jede Kategorie zumeist von der Jewish
Agency vorgegeben bzw. zuvor in Verhandlungen mit der britischen Regierung
festgelegt worden war, die eigens dafür eingerichtete Palästina-Amts-Kommission
Bevorzugungen von einzelnen Fraktionen verhindern sollte und zudem ein strenges
Auswahlverfahren existierte, das nur geeignete Personen nach Palästina immigrie-
ren lassen sollte, wurden erbitterte Kämpfe um die wenigen Zertifikate ausgefoch-
ten. Angesichts des Stellenwertes, dem der Rettung der Jugend zugemessen wurde,
gewann der Konflikt innerhalb der Jugend-Alijah noch einmal an Schärfe.
Die Jugend-Alijah
Entstehung und Hintergrund
„Wie hunderte andere, hatte auch ich den Weg zur Jugend-Alijah gefunden.
Mein erster Gedanke war nicht, nach Palästina zu fahren. Daran dachte ich
damals noch nicht, zuerst, weil sowohl meine Eltern, als auch ich, etwas bes-
seres [Hervorhebung im Original, Anm.] mit mir vor hatten. Ich sollte in
einem westeuropäischen Staat meine Studien fortsetzen, und dann schreck-
ten mich die unsicheren Zustände in Palästina, die mich abgehalten hatten,
diesen beschwerlichen Weg der Chaluzioth zu beschreiten. Ohne irgendwie
schlecht oder verachtungsvoll vom Aufbau Erez Israels zu denken
– Palästina
war für mich ein Land wie jedes andere […].“424
Aus dem Rückblick eines jungen österreichischen Juden, der zum Zeitpunkt des
Verfassens dieser Zeilen auf seine Auswanderung mit der Jugend-Alijah („Alijah
Hanoar“) wartete, geht einmal mehr die Beliebigkeit des Ziellandes Palästina hervor,
das zahlreichen Jüdinnen und Juden nach wenigen Monaten der nationalsozialisti-
schen Herrschaft in Österreich als einzige Fluchtmöglichkeit geblieben war. Auch
bei dieser Einwanderungskategorie bestand ein krasses Missverhältnis zwischen
benötigten und verfügbaren Zertifikaten, doch gestaltete sich die Situation für junge
Bewerberinnen und Bewerber weitaus günstiger, denn der Rettung von Kindern
und Jugendlichen wurde sowohl von den zuständigen jüdischen bzw. zionistischen
Stellen in Österreich und Palästina, als auch von der britischen Mandatsregierung
oberste Priorität zugemessen.425 Trotz widrigster Umstände wird die Zeit im Aus-
bildungs- und Fluchtprogramm in zahlreichen biographischen Aufzeichnungen
von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Jugend-Alijah als bedeutende Phase
geschildert, die von Idealen und Gemeinschaft geprägt war. Auch wenn viele junge
Jüdinnen und Juden dem Zionismus vor ihrer Anmeldung zur Jugend-Alijah fern
424 YVA, O-30/67.
425 Siehe dazu Dvora HaCohen, British Immigration Policy to Palestine in the 1930s. Implications for
Youth Aliyah. In: Middle Eastern Studies 37/4 (2001) S. 206–218.
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Titel
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Untertitel
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Autor
- Victoria Kumar
- Verlag
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Abmessungen
- 15.6 x 23.4 cm
- Seiten
- 216
- Schlagwörter
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918