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328 Böhmen. I. Geschichte.
des Unbedeutenden zu Gunsten des Bedeutenden, das was man Styl zu
nennen pflegt/ und welches eben in Verbindung mit jener charaktervollen
Bcdeutenheit in jener kunstgemäßen Behandlung des Stoffes bestehr,
ohne diesem mehr zuzumuthen, als es seine Natur verträgt. Darum
mögen manche seiner Stämpel gegen andere etwas hart, und seinen Bild-
werten jene schmiegsame geglättete Weichheit zu fehlen scheinen, welche
uns an andern Kunstwerken, fast zur Betastung reizt, allein B.
strebt nach dem Geist, nicht blosi nach der Lieblichkeit der Kunst, mehr
nach dem Ganzen, als nach dem Theile, mehr nach dem innern als dem
äusiern Leben, und bildet dadurch einen heilsamen Gegensatz der Be-
strebung so Mancher, welche sich in sclavischen Naturnachahmungen ge-
fallen, ohne den Geist der Kunst dabey erfassen zu können.
Böhmen, das Rönigreich. I. Geschichte. B.s älteste Geschichte
ist größtentheils nur auf Sagen gegründet, welche die Schriftsteller
Roms als Bruchstücke in den Darstellungen der römischen Eroberungen
und Feldzüge der Nachwelt aufbewahrt haben. Dahin gehören die Nach-
richten von der Auswanderung der B o j e r , eines gallischen Volkstam-
mes unter S ig ove's Anführung aus ihrem Vaterlande; ihr Zug durch
dengroßen Wald vonHercynieN/ und ihre Ankunft in einem von hohen,
hewaldeten Gebirgen eingeschlossenen, fruchtbaren Lande«, bewohnt von
Menschen unbekannter Abstammung, die sie entweder tödteten, vertrie-
ben, oder nach deren Unterwerfung sich ihr Land zueigneten. Dahinge-
hören ferner die Nachrichten von einzelnen Begebenheiten, die sie be-
troffen haben, wie schon 230 Jahre vor unserer Zeitrechnung die An-
griffe der Cimbern von ihnen abgewiesen worden waren, sie aber endlich
doch in dem Zeitalter des Augustus den Marcomannen unter ihrem
berühmten Könige Marbod weichen musiten, der (wahrscheinlicher nach
seiner Würde, als nach seinem Geschlechte so genannt) anfänglich sein
Volk vor den Römern in den Hercynischen Wald zurückzog, dann das
benachbarte Land der Bojer entdeckte, und da es ihm hier gefiel, di?
Einwohner daraus vertrieb und von dem Lande Besitz nahm. Hier er-
richtete er den mächtigen Bund, durch Vereinigung der Hermunduren,
Quaden, Semnonen, Longobarden und anderer zum Angriffe der
Nordwest-Deutschen mit den Cheruskern und ihrem Fürsten Herr-
mann verbundenen Völker. Aber Marbod wurde besiegt, und ent-
floh zu den Römern, dennoch erhielt sich noch lange sein Stamm, und
rückte sogar seine Gebiethsgränzen bis zur südlicheren Donau vor; dafür
bezogen sarmatische Völker, Slaven aus Polen und Pannonien, das
B o j erhelln, welches immer noch den Nahmen seiner älteren Einwohner
behielt. —' Wie die Marcomannen und ihre Verbündeten später in die
südlichen (römischen) Länder vorgedrungen waren, so wurden (erst nach
dem Jahre 166) die in Böhmen eingewanderten Slaven auch daselbst
vorherrschend; aber bey der Dürftigkeit der Nachrichten von den slavischen
Stämmen zu dieser Zeit, bleiben ihre übrigen Verhältnisse gänzlich un-
gewiß. Sie erhielten den Nahmen Czechen (die vorderen) in Rücksicht
der Lage ihres Wohnsitzes, von den übrigen östlichen slavischen Volks-
stämmen, und haben ihn später selbst angenommen, aber erst nachdem
sie den Angriffen der Avaren und Hunnen ausgesetzt waren, und in
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Band 1
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe A-D
- Band
- 1
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 788
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie