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Böhwen, I. G eschicht e. 329
Gefahr geriethen, von diesen aus ihrem Lande vertrieben zu werden,
wählten sie sich aus ihrer Mitte eigene Anführer. — Die Sagenwelt
hat auch einige Nahmen dieser ältesten heidnischen Herzoge Böhmens
aufbewahrt; sie erwähnt der Fürsten Czech, Krock mit seiner Tochter,
der fürstlichen Zauberinn Libussa undPrzemysl , der zwischen722
und 745 regierte. Letzterer wurde der Stammherr einer lange herrschen-
den Dynastie, aber erst seit dem Jahre 305 tritt die bohm. Geschichte
Königsnahme Kra l bis auf den heutigen Tag in ihi
Sprache erhalten. — Deutschen Einwanderern verdanken die Böhmen
ihre Civilisation. Vierzehn böhmische Herzoge und Fürsten ließen sich
mit ihrem Orosiherzoge Borz iwoy schon im Jahre 394 taufen; aber
erst seinem Sohne Sp i t ignew gelang es, die christliche Religion in
B. wirksam zu befördern und auszubreiten. Die mährischen Un-
ruhen nach des mächtigen Königs Swatopluck Tode bewogen ihn 903,
sich mit dem deutschen Reiche näher zu verbinden, und er vereinigte bald
hierauf einen Theil des mähr. Reiches, dessett Schützling noch sein Vater
war, mit B. Unter dem frommen zweyten Boles law erhielt B.
872 ein eigenes Bisthum zu P r a g , und Herzogs Brze t is law
führte 1053 zuerst die Erbfolge-Ordnung («luzüua Vosmorum) als
Staatsgesetz ein, nach welchem allezeit der Familien-Älteste seines Stam-
mes der Regierungsnachfolger des verstorbenen Herzogs seyn sollte, was
aber nur in einigen Fällen beobachtet wurde. Des zweyten Sp i t ig -
new's Bruder und Nachfolger, Wrat is law I I . , erhielt 1075
die Lausitz sammt dem lönigl. Titel auf dem Wormser Reichstage, und
wurde von dem Erzbischof von Trier 1036 gekrönt; aber seine Nach-
folger bedienten sich nicht alle desselben, obschon er 1158 Wladis-
l aw l l . vondem Kaiser zu Regens bürg erneuert wurde. —Unter dem
Herzoge Sobieslaw hofften die Stände, nach dem Tode Kaiser
Heinrich's V . , den deutschen Einfluß durch die Verordnung zu ent-
fernen: „Daß in Böhmen nie ein Fremder herrschen, oder ein Amt ver-
walten soll;" dennoch blieben unter den schwäbischen Kaisern die abhan-
gigen Verhältnisse fortdauernd, und noch unter seiner Regierung erhielt
der sächs. Herzog Fr iedr ich, obschon er, zum Mißfallen-der böhm.
Clerisey und des Volkes, der Landessprache ganz unkundig war, den
Prager bischöflichen Sitz. Noch weniger wurde später diese Verordnung
geachtet, als Przemysl Ot tokar auf den Thron gelangte, und
von seinem Jugendfreunde und Waffengefährten Kaiser Ph i l ipp im
Jahre 1193 die königliche Würde nicht bloß für sich, sondern für alle
seine Nachfolger erhielt, welche ihm auch 1204 durch ein päpstliches
Breve bestätiget wurde. Vielmehr begünstigte sowohl, er als sein Sohn
Wenzel und sein Enkel Ottokar I I . die Einwanderung deutscher
Handwerker und Künstler, mit welchen er die Städte besetzte, und
ihren Flor beträchtlich erhob. Der Handel erhielt verschiedene Freyheits-
briefe, und die Industrie wurde durch,alle Mittel erweckt, welche sodann
in ihrer Rückwirkung Wohlstand und Überfluß erzeugtem Die Ruhe und
Ordnung wurden durch Gesetze, welche die vornehmsten Städte schriftlich
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Band 1
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe A-D
- Band
- 1
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 788
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie