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830 B ö hm en, I. G e, chi ch t e.
aufsetzen ließen, hergestellt/ und durch ihre sorgfaltige Handhabung er-
halten. Der Adel war reich und mächtig, und der tonigliche Hof nach
jenem des Kaisers, der glänzendstein ganz Deutschland. — Wenzel
hatte die österr. Gesandten, welche durch Böhmen reiseten, um den
Markgrafen Heinrich von Meissen zur Verwaltung ihres Landes
einzuladen, durch gute Worte und wichtige Gründe aufgehalten, und
bewogen, seinen Sohn Ot to kar, einen blühenden Jüngling, kriege-
risch und klug, den österr. Standen zum Herrn, und Margarethen,
der jüngeren Schwester des letzten österr. Herzogs, zum Gemahle zu
empfehlen. Er erreichte auch vollkommetMseine Absicht. — 1243 trat
Ottokar I I . die Regierung von Böhmen und Mahren an, und
war zugleich Herr von Osterreich, Steyermark, Kärnthen, Kram, der
windischen Mark, dem Seehafen Portenau, von Schlesien und Theilen
von Polen und Prellsien. Wie sein Vater und Grosivater, hat auch er
die Deutschen begünstiget. Ihre Sprache war Hofsprache und deßhalb
das Mittel, wodurch deutsche Künste und Wissenschaften auf böhmischen
Boden um so leichter übertragen wurden, und der Flor des Landes
immermehr stieg. Im Kampfe mir Rudolph von Habsbu.rg über
die österr. Erbfolge endete er nach der verlorenen Schlacht auf dem
Marchfeld 1273 durch zwey Verrather sein Lsben. Sein Sohn W elp
zel I I . erhielt sich aber im Besitze von B., und bekam Mahren und die
Lausitz wieder zurück, als er sich mit J u d i t h , Kaiser Rudolph's
Tochter, 1236 vermahlte; auch ertheilte ihm der Kaiser das Gebieth von
Eger , und 1291 das als eine verpfändete Reichsdomäne eingelöste
Pleisner Land, wozu er für kurze Zeit Meissen pfandweise an sich brachte,
aber bald wieder mit Vortheil an Brandenburg überlies;; dagegen 1300
zum Könige von Polen gewählt wurde, nachdem er schon 1280 die
polnischen Herzogthumer Krakau und Sendomir in Besitz genommen
hatte. — Ihm folgte 1305 in der Regierung sein unwürdiger Sohn
Wenzel I I I . , der Polen und Ungarn verlor, und schon 1306 den
bisherigen einheimischen böhmischen Regentenstamm (durch einen Meu-
chelmörder getödtet) beschloß. Dieses Anlasses bediente sich Kaiser Al"
brecht, nachdem er mit seinem Schwager Wenzel I I . mehrmahls
ohne Vortheil gebrochen hatte, um die böhm. Stände zu nöthigen,
seinen Sohn Rudolph zum König anzunehmen. Da aber dieser schon
im nächsten Jahre starb, folgte ihm durch die Wahl der Stände mr
kurze Zeit der karnthnerische Herzog Heinrich; allein bald wurde auch
Albrecht (1303) von seinem Neffen ermordet, und die mit Heinrich
mißvergnügten Stände folgten gern dem Antrage von Albrecht's Nach?
folger im deutschen Reiche, Heinrich's von Luxemburg, dessen
Sohn Johann 1311 zu ihrem Könige zu wählen, welcher zugleich
auch die Schwester des letzten Wenzel's, Elisabeth, ehelichte. Höchst
merkwürdig und folgenreich für B. war seine lange Regierung, nichr
bloß, weil er es durch einige Erwerbungen in der obern Lausitz und
durch den Lehenverband der schlesischen Fürsten wieder vergrößerte, son-
dern vielmehr durch den Einfluß, den er auf Sitten, Gewohnheiten,
und selbst auf die Bekleidung und andere Eigenschaften der Böhmen ge-
wann. Unter ihm wurden die ersten geschriebenen deutschen Stadtrechre
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Band 1
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe A-D
- Band
- 1
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 788
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie