Seite - 648 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe A-D, Band 1
Bild der Seite - 648 -
Text der Seite - 648 -
648 Czernin, dle Grasen.
mußten auswandern. Noch am Anfange des vorigen Jahrhunderts
(1720) lebte Heinr. Lucius C. v. Chudenitz, ein Nachkomme jener
Verbannten/ zu Scha.ffhausen in der Schweiz. — Die Linie der
C., die allein noch fortbesteht, und welche früher, zum Unterschiede
von den übrigen Familienzweigen von ihrer Besitzung Nedrahowitz,
die Nedrahowitzer Linie genannt wurde, blieb dem katholischen
Glauben treu. Iöh . C. v. Eh ud eni tz und N edrah o witz, Haupr-
mann des Kreises an der Moldau, und dessen Gemahlinn Mar iane
v. Rziczan hatten mehrere Söhne, die an den Begebenheiten ihrer
Zeit vielfachen Antheil nahmen. Ihr erstgeborner Sohn Dionys
(geb. 1565), Oberstmünzmeister und eifriger Anhanger Rudolph's I I . ,
befehligte 1613 im Prager Schlosse auf dem Hradschin, als die
unruhigen protestantischen Stande Einlaß begehrten. Nur auf aus-
drückliches Geboth seines Vorgesetzten, des Oberstburggrafen Adam
von Sternberg, lies; Dionys die Thore offnen.' Die unheilbringende
Folge davon war der Sturz der königl. Statthalter aus den Fenstern
der Burg, mit welcher Gewaltthat der 30jährige Krieg seinen Anfang
nahm. Der Wiener Hof konnte Dionys den Einlaß der Protestanten
nicht verzeihen; dieser war daher gezwungen, sich denselben anzuschließen.
Er wurde Obersthofmeister des sogenannten Winterkönigs Friedrich's
von der Pfalz. Allein nach der Schlacht am weißen Berge wurde ein
strenges Gericht gehalten. Und der unglückliche Dionys blutete am
21. Iuny 1621 mit 22 andern edlen Böhmen auf dem Schaffote.
<—»Sein jüngerer Bruder Hermann, ein Mann von ausgezeich-
netem Geiste und ungewöhnlicher Thätigkeit/ brachte seinem Hause
hohen Ruhm. In seiner Jugend durchwanderte er Palastina, Syrien,
Ägypten, dann Spanien und den Westen Europa's. Spater wurde er
zweymahl in wichtigen Angelegenheiten als außerordentlicher Bothschafter
nach Cönstantinopel geschickt. Seine verschiedenen diplomatischen Sen-
dungen hatten den glänzendsten Erfolg. 1621 war Hermann Be-
fehlshaberin der Neustadt Prag, gerade als vor seinen Augen sein
Bruder und sein vertrautester Freund, Christoph Harant , der
mit ihm den Orient durchzogen, das Blutgerüst besteigen mußte.
H e r m a n n , der in der Folge die Witwe Harant's ehelichte,
befand sich in einer Stellung, in welcher die ganze Kraft einer mann-
lichen Seele aufgebothen werden mußte, um nicht unter dem schweren
Drucke übernommener Pflichten zu unterliegen. Durch weise Benützung
der Zeit, und durch Erbschaften seiner Gattinnen (er war drey Mahl
vermahlt gewesen) , hatte H e r m a n n allmählig ein so großes
Vermögen erworben, daß' er wahrend des 30jährigen Krieges im
Stande war, 1000 geharnischte Reiter auf eigene Kosten in das Feld
zu stellen, mit welchen er unter Andern das befestigte Saaz überfiel,
und den berüchtigten sächsischen Partheygänger Boose 1632 gefan-
gen nahm. Als einer der eifrigsten und thätigsten Anhänger des Hau-
ses Habsburg wurde Hermann von 4 Kaisern dieses Hauses über-
aus geschätzt und 1627 sammt seinen Erben und Nachkommen in den
Grafenstand erhoben, zugleich seinem Wapen das Wapen Österreichs mit
der kaiserl. Krone als Mittelschild, und ferner die Buchstabens. M.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Band 1
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe A-D
- Band
- 1
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 788
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie