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Eugen, Pr inz von Savoyen. 87
stungen Embrun und Gap, und löste so seiu ausgesprochenes Worr
zum ersten Mahle. Er erhielt nun von dem König von Spanien den Or-
den des goldenen Vließes und bald darauf, da er wegen Unpäß-
lichkeit gezwungen war, nach Wien zurückzukehren, vom Kaiser die
Feldmarschallswürde. Mittlerweile wurde der Herzog von Savoyen
bey Marsaglia geschlagen und das von diesem Fürsten mit den Fran-
zosen doch endlich eingegangene Bündniß machte demganzen Feldzug ein
für E. unwillkommenes Ende. Er wurde nun zum Oberbefehlshaber der
in Ungarn gegen die Türken kämpfenden kaiserl. Armee ernannt. Verge-
bens ließ ihm nun Ludwig XIV. den Marschallssiab, das Gouverne-
ment der ChampagiieundeineIahresrentevon 2000 Louisd'oranbiethen,
um ihn für seinen Dienst zu gewinnen. E. gab dem Abgesandten zur Ant-
wort: Er sey jetzt kaiserlicher Feldmarschall und durch die Pflicht der
Dankbarkeit an den Kaiser gebunden, bedürfe weder Geldes noch.des franz.
Marschallstabes. Vor seiner Abreise zur Armee legte E. noch den Grund-
stein zu dem nunmehr kaiserl. Lustscyiosse Belvedere (s.d.) am Renn-
wege in Wien, und zugleich den Grund zu seiner großen Bücher- und
Manuscriptensammlung, welche jetzt nicht die geringsteZierde der kaiserl.
Hofbibliothek (s. d.) bildet. Der Prinz betrieb jedoch diese Sammlun«
gen, nicht bloß/- wie so manche Große, als einen, seinem Range ange-
messenen Prunk, sondern er kannte und benutzte selbst, was er sammel-
te. Nach dem unverwerflichen Zeugnisse I.B.Rousseau's, der lange
in der Nahe dieses hochberühmten Helden und Staatsmannes lebte,gab
es fast kein Buch se.iner Bibliothek, das der Prinz nicht gelesen oder
durchblättert hätte, ehe er es zum Buchbinder schickte. Ein neuer erstau-
nungswürdiger Beweis von dem Reichthum, und der Klarheit des Gei-
stes dieses außerordentlichen Mannes, dessen Zeit und.Gedanken von den
wichtigsten Staats- und Kriegsgeschäften ununterbrochen in Anspruch ge-
nommen wurden.—In Ungarn angekommen fand E. die kaiserl. Armee
durch mehrte unglückliche Gefechte seit dem Wiederverluste Belgrad's
bedeutend geschmolzen. In dem verschanzten Lager bey Peter ward ein
erwartete er mit kaum 65,000 Mann den mit 135,000 Mann heran-
rückenden Sultan Mustapha I I . und schlug alle Angnffe desselben
mit bewundernswürdiger Tapferkeit ab, so> daß der Sultan, der E/s
Stellung-unüberwindlich fand, sich nach Siebenbürgen zurückzog. >^ '.
rückte ihm in Dovpelmärschen »>ach, und traf ihn bey Zentha an der
Theiß in einem doppelt verschanzten Lager. Trotz eines im Angesichts
des Feindes erhaltenen Befehles aus Wien, leine Schlacht zu wagen,
griff E. im Vertrauen auf dieZweckmäßigkeit seiner Maßregeln das drey-
mahl stärkere Heer der Türken an, und erkämpfte den 11. Sept. 1697
einen der glänzendsten Siege, welche die Geschichte aufzuweisen hat. Das
ganze Lager und Geschütz des Feindes wurde erobert und über 30,000
todte und verwundete Türken bedeckten das Schlachtfeld. Der Sultan
verlor darüber so ganzdie Besinnung/ daß er sein fliehendes Heer erst bey
Belgrad wieder sammelte und sich bis A d r i a n o p e l zurückzog.
E. folgte ihm auf dem Fuße, eroberte ganz Bosnien, und ging hier-
auf nach Wien. Ooschon nun seine Reise einem Triumphzuge glich,
fehlte es nicht an Neidern bey Hofe, die seine Verdienste zu beeincräch-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Band 2
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe E-H
- Band
- 2
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 696
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie