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Franz (Ios. Carl), Herzog von Reichstadt. 183
mit seinem Gebiethe, welches nunmehr einen Flächenraum von98Q.M.
ausmacht. Im Febr. 1831 brach in Modena, im Einklang mit den übri-
gen revolutionären Bewegungen in Oberitalien, eine gefährliche Ver-
schwörung aus, wodurch der Herzog, nach einigen vergeblich versuchten
Gewaltmaßregeln zur Unterdrückung derselben, genöthigt wurde, in die
kaiserl. österr. Vtaaten zu fliehen. Sogleich wurde zu Modena eine
provisorische Regierung eingesetzt, welche sich mit jener zu Bologna
befindlichen in Verbindung setzte, gegen deren Verfügungen der Herzog
jedoch eine nachdrückliche Protestation erließ. Mittlerweile waren österr.
Truppen im Herzogthum eingerückt, die Revolution wurde unterdrückt,
uiid der Herzog zog am 9. März in Moden a wieder ein. Ein eigener
Gerichtshof ward nun eingesetzt, um über die Schuldigen strenges Ge-
licht zu halten, zahlreiche Verhaftungen erfolgten, Ciro Menot t i ,
einer der reichsten Einwohner Mod ena's und noch einige der Hauptan-
stifter des Aufruhrs wurden hingerichtet, viele Theilnehmer mitGefäng-
nisistrafe belegt und besonders die Iudenschaft, welche sich freylich bey dem
ganzen Vorgänge sehr voreilig betragen hatte, wurde mit mehreren
harten Einschränkungen belegt. 1832 wurde abermahls eine Verschwörung
entdeckt, an deren Spitze GiuseppeRicci stand, einer der reichsten
und angesehensten Männer der Hauptstadt, welcher des Herzogs volles
Vertrauen genossen hatte und sein Begleiter 1831 gewesen war, nach-
dem jedoch dieser nebst zweyen Mitschuldigen zum Tode verurtheilt un,o
hingerichtet worden war, war die Ruhe im Herzogthume wieder herge-
stellt. Von seiner Gemahlinn Mar ia Beatr ix (geb. den 6. Dec.
1792), ältesten Tochter des Königs Victor Ema nuel von Sardinien,
hat der Herzog vier Kinder, (s. d. Art. Erzherzoge und Erzherzo-
ginnen vo n O sterreich). Die Volksmenge seines Herzogthums be-
läuft sich auf 39«,«00 Seelen.
Franz (Joseph Carl), Herzog von Reichstadt, geb. zu
Paris den 20. März 1811. Sein Vater war Napoleon, Kaiser
der Franzosen, seine Mutter die Erzherzoginn Mar ia Louise, äl-
teste Tochter Franz I. , Kaisers von Osterreich. Er wurde Napo-
leon Franz Joseph Carl getauft und von seinem damahls all-
mächtigen Vater in der Wiege mit dem Titel eines Königs von Rom
beschenkt. Die erste Erziehung des Prinzen wurde der Gräfinn von Mo n-
tesquiou, einer durch ihre Bildung ausgezeichneten Dame, anver-
traut. Sein Vater hing mit der wärmsten Liebe an dem hoffnungsreichen
Kinde. Mar ia Louise sandte ihm dessen Bild, von dem berühmten Ge-
rard gemalt, bis in das Lager an der Moskwa, wo er es lange mit Entzücken
betrachtete und zu seiner Umgebung sprach: „Meine Herren, hätte mein
Sohn auch nur fünfzehn Jahre, er würde nicht bloß im Bilde in der Mitte.so
vielerBraven seyn." Nach derCatastrophe 1814, als sich die Verbündeten
bereits derHauptstadt näherten, verliest Mar ia Louiseden 29. März die
Tuilerien, um sich nach Rambo uil let zu begeben. Als man den jun-
gen Prinzen fortbringen wollte, sträubte er sich heftig dagegen, schrie
und klammerte sich an die Draperien des Zimmers. Herr von Canisi,
Stallmeister im Dienste, mußte der Frau v. Montesquiou beyste«
den. ibn in den Wagen zubringen. Nach Napoleon's Abdicalion
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Band 2
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe E-H
- Band
- 2
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 696
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie