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Joseph I I . , römisch-deutscher Raiser. 87
außerdem wollte es die in der Oberpfalz gelegenen böhmischen Lehen ein-
ziehen, die Herrschaft Mindelh eim wegen einer vom Kaiser Ma-
thias 1614 seiner Dynastie gegebenen Anwartschaft in Besitz nehmen,
und sogar die bayerische Allodialherrschaft gegen die sächsischen Ansprüche
(wegen der Abstammung von Mar i a Anna, der Gemahlinn des Kai-
sers Ferdinand I I . , und einer Tochter des Herzogs Wi lhelm V.
von Bayern) behaupten. Endlich betrachtete I. als Kaiser die Landgraf-
schaft Leuchtenberg, und andere Güter und Rechte, als eröffnete
deutsche Reichslehen. Der Churfürst Car l Theodor von der Pfalz
nahm zwar, als nächster Verwandter Max. Joseph's, die erledigten
Länder in Besitz, schloß jedoch, nach dem Eindringen der..österr. Trup-
pen in Bayern, den 3. Jan. 1779 eine Convention mit Osterreich, in
welcher er die österr. Ansprüche als gültig anerkannte, ja in den Um-
tausch der bayerischen Länder gegen die österr. Niederlande willigte. Je-
doch von Friedrich I I . aufgemuntert, welcher Österreichs wachsende
Macht mit eifersüchtigen Blicken betrachtete, erklärte sich Herzog Car l
von Zweybrücken, der präsumtive Erbe der Pfalz, gegen die Wiener
Convention, und nach verschiedenen fruchtlosen Unterhandlungen kam
es zum Kriege, der durch das Einrücken preußischer Heere in Böhmen
eröffnet wurde; I. stand mit Lacy und einem auserlesenen Heere gegen
Friedrich, Loudon gegen den Prinzen Heinr ich, indessen kam
es durchaus zu keinem ernstlichen Ereignisse. Zwey Feldzüge zersplitter-
ten sich in militärischen Demonstrationen und kleinen Postengefechten,
auch suchte Mar ia Theresia, bereits an der Neige des Lebens, durch-
aus den Frieden, ja selbst gegen I/s Wissen und Willen, und um so
eher, als Cathar ina l l . von Rußland drohte, den König von Preu-
ßen mit 60,000 Mann zu unterstützen. So endigte, unter russischer
Vermittlung, dieser einjährige Krieg mit dem Frieden zu T e s ch e n
(13.May1779;.s. Friedensschlüsse), und Österreich behielt von allen
seinen Ansprüchen zu I.'s Verdruße nichts als das Innvienel. Dasselbe
Jahr noch reiste I. 11. nach Rußland, sah Cathar ina I I . zu Mo-
hi lew, geleitete sie bis Smolensk, mit ihr das Band einer lebens-
langen Freundschaft knüpfend, besuchte Moskau und verlebte einige
Wochen in Petersburg und in den russischen Hafen an der Ostsee.
Den 29. Nov. 1780 starb die Kaiserinn M a r i a Theresia, und
hinterließ bey ihrem Tode ihrem Sohne eine im Innern trefflich empor-
gehobene und nach Außen bedeutend erweiterte und gesicherte Monarchie.
Mit I.'s I I . Regierungsantritte verbreitete sich ein neuer kräftiger Geist
über die österr. Monarchie. Schon lange hatte der vielseitig gebildete
Kaiser durch seine Reisen und Forschungen über manches Bedürfniß der
physischen und geistigen Cultur der Völker aufgeklärt, große Verbesse-
vungsplane fürdas Innere seiner Monarchie aufgefaßt, die er nun, viel-
leicht nur in zu kurzer Zeit, verwirklichen wollte. Schon die ersten Tage
seiner Negierung bezeichneten viele bedeutende Abänderungen im Staat
und in der Kirche. Er führte die Conduitenlisten ein, um die mittel-
mäßigen von den guten und diese von den ausgezeichneten Köpfen zu
unterscheiden; erleichterte die Bücher- Censur und setzte dabey die, frey-
lich für manche Individuen lästige Norm fest, Kritiken, wenn sie an-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie