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^ Joseph I I . , romisch-deutscher Raiser. 95
beziehen sollten. — Wenn es nach dem Ausspruche eines aeistreicben
und Umgebung, in seine Ansichten und Eigenthümlichkeiten, ja mit
einem Worte ganz in ihn selbst versetzen müßte, so bleibt doch so viel
gewiß, daß Einheit des Staates von Innen und nach Außen das Stre-
ben und der Schlußstein seiner großen öffentlichen Laufbahn, ja der
Zweck seines ganzen Lebens war. Jede seiner Handlungen trug, wie
sein Siegelring und seine Münzen, das Gepräge seines bedeutungsvollen
Wahlspruches: Virtute et exemplo (durch kräftigen Muth und Beyspiel).
Er leuchtete vor und trieb an, und scheute nichts, wo das Gute winkte.
Es kann von keinem Gliede des Staates gesagt werden, daß es je für sich
selbst so viel gearbeitet und so wenig genossen habe, als dieserKaiser für
den Gtaat und von dem Staate. Darum war er so großmüthig mit seinem
Privatgut und so haushälterisch mit dem Sraatsvermogen, darum achtete er
Vergehungen gegen seine Person für gering und glaubte gegen Vergehun-
gen gegen den Sraat nicht strenge genug seyn zu können, darum bemaß er
die Zurechnung minder nach dem bösen Vorsatz, und nach den mildern-
den Umstanden, als nach dem Schaden, der für das Allgemeine ent-
stand, oder auch nur hätte entstehen können. So war er, so starb er,
so wird er leben für alle künftigen Zeiten. Ein Denkmahl hat es ver-
kündigt, wie Franz I. feinen großen Oheim ehrte, ein Denkmahl,
das den, der es errichtete, der nun auch bereits zu ihm und seinen Va-
rern versammelt ist, nicht weniger als denjenigen ehrt, dem es errichtet
wurde, und das nicht nur des Blutes, sondern auch des Sinnes erha-
bene Verwandtschaft aller Welt vor Augen stellte. — Schlüsilich noch
einiges von des unsterblichen Kaisers Äußerlichkeiten, die wohl stets an
ausgezeichneten Personen interessant erscheinen und nicht seltenem inni-
gen Zusammenhange mit ihrer Characteristik stehen. — I. war vön
mittlerer Größe, sehr gut gebaut, stark und kräftig, ursprünglich in
üppiger Gesundheitsfülle. Seine Haare waren lichtbraun, die Nase
groß und gebogen, nach Habsburg'scher Art, die Augen feurig blau und
doch voll sanften Schmelzes, so daß ihre Farbe den Wienern noch heut
zu Tage als K aise ra ugenblau im Gedächtniß ist. In spätern Iah- '
ren verlor er seine frische Gesichtsfarbe, sie wurde rochbraun und selbst
die Züge seines Angesichts entstellten sich nach und nach durch die über-
maßigen Beschwerlichkeiten des Körpers und durch die zunehmenden Lei-
den der Seele. In seinem Anzüge war I. immer sehr einfach, aber
nett und reinlich. Als Knabe trug er, wie bereits erwähnt, ausschließ-
lich ungarische Kleidung, — als Jüngling das Costume seines Husaren-
regimentes oder, noch öfter deutsche als Mann ausschließend deutsche
Kleidung, entweder die weiße Uniform seines Fusetierregimentes mit
pompadonrrothen Aufschlägen/ oder, noch öfter, die grüne mit rothen
Aufschlagen seiner Chevaulegers, bey feyerlichen Anlassen aber die
Feldmarschallsuniform mit allen Orden. Zu Hause oder auf Reisen be-
diente er sich eines schlichten braunen oder blauen Frackes, nach Be-
schaffenheit der Jahreszeit auch eines dunkeln Überrocks, stets aber trug
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie