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Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe I-M, Band 3
Seite - 110 -
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110 J u d e n . Besieger — die große Nation! — Nach Osten und Westen, Süden und Norden wurden sie getrieben, meist wieder vertrieben, ein Spielball der Raub-und Habsucht, dem Glaube nur als Deckmantel der Unmensch- lichkeit galt, fanden sie oft bei Barbaren mildere Aufnahme als bey Völ- kern auf viel höherer Stufe der Gesittung. Einen der stärksten Beweise hiezu liefert die Geschichte der I. in Polen, wo noch heut zu Tage die Summe der Bekenner mosaischer Confession am zahlreichsten in Europa seyn dürfte. Polen hatte sich kaum ein Jahrhundert der Nacht des Hei- denthumes entwunden, und befand sich noch im Zustande tiefster Rohheit, als die ersten I. aus Deutschland da ankamen. Entfernt von der Mili- tärstraße nach Palästina, fanden sie hier im rauhen Norden, wo des Ein- siedlers Peter feurige Beredsamkeit das Volk noch nicht entzündet hatte, eine friedliche- Zufluchtsstätte. Ihre Einwanderung geschah 1097 (Na- rus26wit2 Historia narodu polslciego 3. Bd. S. 50), 1203 und 1207 erwarben sie bereits Privilegien von Heinr ich dem Bär t igen , Her- zog in Schlesien, 1264 ertheilte ihnen Boleslaw, Herzog in Kalisch, ein eigenes Privilegium, welches Vorschriften über ihren Gerichtsstand, Religionsübung, persönliche Sicherheit und Freyheit des Handels enthielt, 1334 wurde dasselbe bestätigt, und noch erweitert unter Boleslav, Urenkel Casimir's I I . An Verfolgungen fehlte es nicht, wiewohl eine im Mittelalrer gewöhnliche große Judenverfolgung da nie Statt gefunden, aber einzelne Acte dieses Trauerspiels waren nur zu häufig. 1407 unter Ladis law Iagel lo 's Negierung überließ sich der erhitzte Pöbel in Krakau der zügellosesten Wuth, eben so 1464 unter der Regierung Casimir's I I I . und 1500 unter Johann Albert. Seit 1500 gibt uns die Geschichte kein Beyspiel, daß das Volk in Masse über sie herge- fallen wäre, obwohl einzelne Fanatiker, selbst gemüthliche Dichter, nichts unversucht ließen, um den Unwillen des Pöbels zu reizen. Allein zum Glücke der I. wurden die Schriften, die sie, um diesen Zweck zu errei: chen, von Zeit zu Zeit herausgaben, von dem des Lesens unkundigen Pöbel nicht gelesen und der verdienten Vergessenheit überlassen. Die Hauptanschuldigung blieb immer die Ermordung von Christenkindern/ und viele Unschuldige, deren Geständnisse man durch die Folter erpresite, fielen ein Opfer des finstern Zeitgeistes, aber unglaublich fcheinr es und doch ist es wahr, daß nicht nur 1753, 1759 und 1761, sage siebenzehn- hundert ein und sechzig! deßhalb gesetzlich autorisirte öffentliche Hinrich« tungen in Polen geschahen. Die noch vorhandenen Actenstücke sind der unwiderleglichste Beweis. — Gab es nun auch in Polen keine deutsche oder spanische allgemeine Judenverfolgung, so wurden doch die Stande« Verordnungen immer beengender. Nach den Reichsgesetzen durften sie nicht Pachter, nicht Beamte werden, wurden im Handel sehr beschrankt/ durften keine Märkte auf dem Lande halten, sogar die Ausübung der Arzneykunde wurde ihnen untersagt, kurz die Verfügungen in dem ohne- hin stets im Innern zerrissenen, durch Factionen gespaltenen Reiche wur- den für dieI. immer drückender, lähmten jeden kühneren Aufflug, verhin- derten jede Amalgamirung und beförderten so — anstatt daß eine weisere Gesetzgebung möglichst entgegenzuarbeiten versucht hatte — jenen noch heut zu Tage nicht verschwundenen Separatismus, wozu sie sich ohnehin
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Österreichische National-Enzyklopädie Buchstabe I-M, Band 3
Titel
Österreichische National-Enzyklopädie
Untertitel
Buchstabe I-M
Band
3
Autoren
Franz Gräffer
Johann Czikann
Verlag
H. Strauß
Ort
Wien
Datum
1835
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.3 x 22.0 cm
Seiten
768
Schlagwörter
Nachschlagewerk, Biografien
Kategorien
Lexika National-Enzyklopädie
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