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Iustizstelle, k. k. oberste. 1^5
Urtheile der Obergerichte in folgenden 3 Fallen: Bey Verbrechen des Hoch-
verrathes und der Störung der innerlichen Ruhe des Staates, des Miß-
brauchs der Amtsgewalt und der Verleitung dazu, und der Verfälschung
der öffentlichen Creditspapiere. In diesen Fallen kann nähmlich auch das
Obergericht sein Urtheil nicht sogleich ausfertigen, sondern muß den ge-
faßten Beschluß mit den gesammten Acten der.O. I. vorlegen, und von
daher die Entschließung erwarten. Bey diesen Verbrechen gebührt auch
nur der O . I . die Entscheidung, ob die Criminalgerichte von einer ein-
geleiteten Voruntersuchung abzulassen haben. — Das gegen einen Ab-
wesenden geschöpfte Urtheil muß vor der Kundmachung dem Obergerich-
te, von diesem aber mit seinem Gutachten der O. I. vorgelegt werden.
— Außerdem ist das von dem Obergerichte geschöpfte Urtheil nur dann
der O. I. vorzulegen, wenn auf Todesstrafe oder lebenslange Kerker-
strafe erkannt wird; wenn das Urtheil des Obergerichts auf eine, um 5
Jahre längere Kerkerstrafe als jene des Criminalgerichtes ausfallt; wenn
das Criminalgericht auf Entlassung des Beschuldigten erkannt hg.t, das
Obergericht aber auf eine Strafe urtheilt; wenn das Obergericht erach-
tet , daß der Verbrecher einer solchen Milderung der Strafe würdig sey,
welche die Gränzen der, dem Obergerichte eingeräumten Macht über-
schreitet. — In denjenigen Fällen hingegen, worauf nach dem Gesetze
die Todesstrafe verhängt werden muß, hat die O. I . daS von ihr gefällte
Urtheil mit allen Acten und mit Anführung der Gründe/ die etwa für
die Milderung der Strafe stimmen, dem Landesfürsten vorzulegen, dem
allein das Begnadigungsrecht zusteht. — 2) Die O. I. erledigt die
gegen Urtheile der Obergerichte ergriffenen Necurse. Auch ist der O. I^
gestattet, bey Strafurtheilen, welche über ü Jahre ergangen sind und
überhaupt bey solchen Strafurtheilen, welche von ihr selbst ausgingen,
eine angemessene Nachsicht zu ertheilen, wenn während der Strafzeit
neue und so beschaffene Umstände vorkommen, welche nicht schon bey
Schöpfung des Urtheiles in Erwägung gebracht wurden, und welche/
wenn sie damahls bekannt gewesen wären, eine mildere Ausmessung der
Strafe veranlaßt hätten. Außerdem muß die O. I. zur Erlangung einet
Begnadigung unter die urtheilsmäsiige Strafdauer von 5 Jahren Vor-
trag an den Kaiser erstatten. — 3) Der O. I. ist im Einverständnisse
mit der politischen Hofstelle das Erkenntniß über die Nothwendigkeit vor-
behalten, wegen ungewöhnlich um sich greifenden Verbrechen des Rau-
bes, Mordes oder der Brandlegung das Standrecht einzuleiten. — 4.
Damit die O. I . von dem Ganzen der Criminal-Justizverwaltung gründ-
liche Kenntniß erhalte und die zweckmäßigen Verfügungen zu treffen itt
Stand gesetzt werde, haben die Obergerichte aus den Quartalstabellen
sämmtlicher Criminalgerichte am Schlüsse des Jahres summarische Aus-
weise über die Zahl und Gattung der Verbrechen und der wegen Verbre-
chen Beschuldigten und Untersuchten nebst den, denselben am Ende des
Jahres von den einzelnen Criminalgerichten zugekommenen, letzten
QuartalStabellen im Originale gesammelt, der O. I. vorzulegen. In
dem Einbegleitungsberichte ist mit Sorgfalt und Überlegung anzuführen,
ob und welche Gattungen von Verbrechen in diesem Jahre gegen das vo-
rige zu, oder abgenommen haben; worin die vorzüglichsten Ursachen die-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie