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Raiser von Oesterreich zc.
(bis auf einige, die den ungarischen und siebenbürgischen Standen gemein-
sam sind) nach eigenem Ermessen; ernennt die Staatsbeamten, creirtdie
Staatswürden, schließt Krieg, Frieden, Bündnisse, und hebt letztere
wieder auf, schickt Gesandte, verfugt über die innern Angelegenheiten,
bestimmt, knüpft oder trennt die ausiern Verhaltnisse nach eigener An-
sicht und Wahl. Er leitet die kirchlichen äußern Angelegenheiten und macht
die Ernennungen zu den vornehmsten geistlichen Würden, mit Ausnahme
des Wahlrechtes des erzbischöfi. Domcapitels zu Olmütz und einiger
Stifter. — Die Armee und die Besetzung aller Militärstellen hängt von
ihm ab. Er verwaltet das Staatsvermögen, übt das Recht der Standes-
Erhöhungen, der Ertheilung von Würden, Orden und Privilegien aus;
beruft die Reichs- und Landtage, und läßt sie wieder aus einander gehen.
Er vereinigt die gesetzgebende (nur in Ungarn beschränkte) und ausübende
Gewalt. — Die Thronfolge geht vermöge der pragmatischen Sanction
in Lineal-Succession und vermischt nach dem Rechte der Erstgeburt, in
der männlichen und weiblichen Descendenz fort, so daß, wenn der Kai-
ser ohne Hinterlassung mannlicher Erben stirbt, seine älteste Tochter,
und in deren Ermanglung der nächste Agnat den Thron besteigt. Fehlt
auch dieser, so folgt die nächste Seiten-Erbinn. Ist der ganze Stamm
erloschen, so tonnen Ungarn und Siebenbürgen gewiß, weniger unbe-
dingt Böhmen und Mahren von Neuem das Wahlrecht ausüben. Aber
über die österr. und galiz. Staaten kann der letzte Regent unzweifelhaft
disponiren. — Außer dem letzten Falle erlischt die Kaiserwürde nie. Das
Geburtsrecht setzt, ohne weitere Bestätigung, den Nachfolger auf den
erledigten Thron, worauf er die Huldigung (s. d.) empfängt. Als Erb^
kaiser von Osterreich wird er in Folge des 4. Artikels des Pragmatical-
Gesetzes vom 11. Aug. 1804 gekrönt. In Ungarn ist er zur feyerlichen
Krönung binnen 6 Monathen und zur eidlichen Garantie der Landespri-
vilegien verpflichtet. Im Krönungs- oder Inaugural-Diplom gelobt er
die Aufrechchaltung der Landesfreyheiten, Gesetze und Iustizverfassung,
die Zurücklassung der ihm von dem Graner Erzbischof aufgesetzten Krone
des heil. S tephan, alle wiedererlangten, ehemahls zu Ungarn gehöri-
gen Lander, dem Königreiche einzuverleiben, und erkennet im Fall der
gänzlich erlöschenden Descendenz die Wahlfreyheit der Stände. Mit der
Königswürde von Ungarn ist das Prädicat: Apostolischer König verbunden,
(s. dies. Art.). Die Kaiserkrone von Osterreich setzt der Erzbischof von W i e n,
die böhmische Königskrone der Erzbischof von Prag an beyden Orten
dem neuen Monarchen auf, der auch im lombard.-venet. Königreiche zu
krönen ist. Als König von Ungarn übt er Reservate (d. i. gesetzliche
Rechte, wozu keine weitere Zustimmung der Stände nöthig ist) und
Comitial- oder solche Rechte aus, in welche die Stände auf dem Reichs-
tage gewilligt haben. Zu den vorzüglichsten eigenthümlichen Reservat-
rechten gehört, außer den schon oben angeführten allgemeinen 1) der
Heimfall der Einkünfte vacanter Bisthümer und Erzbisthümer bis zu
ihrer Wlederbesetzung. — 2) Das Jus placeti, oder das Recht, die
Macht deS päpstlichen Einflusses in mehreren kirchlichen Angelegenheiten
zu beschränken. — 3) Der Heimfall aller Stamm- und Erbgüter der
ohne gesetzmäßigen Erben verstorbenen Edelleute, ja auch alles andern
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie