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sich ohne sein Wissen und seinen VZillen. Indessen fuhr man doch fort, ihm
mit der größten Schonung und Auszeichnung zu begegnen. Das hohe
Alter und die damit verknüpfte Abnahme seiner Kräfte bewogen ihn end-
lich, gleich bey dem Antritte der Regierung des Kaisers Franz die
Würde als Hof- und Staatskanzler niederzulegen, er genoß nun der
Ruhe, und beschloß am 27. Iuny 1794 seine Laufbahn mit dem beru-
higenden Bewußtseyn, die Pflichten des Menschen, des Staatsbürgers
und Ministers genau erfüllt, und Niemanden mit Vorsatz geschadet zu
haben. Patriotismus, Gerechtigkeitsliebe, Billigkeit, Mäßigung,
Weltklugheit und Thätigkeit, vereinigt mit einer ganz eigenen Gleich-
müthigkeit, machten die Hauptzüge in seiner Individualität aus. ^m«
mer und gegen Alle war er ernsthaft, auch wohl, in Anwandlungen von
Unmuth, kurz und derb.—K. hatte eine ausgebildete Vernunft. Seine
Beurtheilung war langsam, aber desto reifer, und daher sein endlicher
Ausspruch fast immer richtig. Er sagte oft sehr sinnreiche Sachen, ohne
eben witzig zu seyn. — Vo l ta i re war einer seiner Lieblingsschrift-
steller, und noch wenige Monathe vor seinem Tode ergötzte ihn Mo-
liere's Laune und Salz, die deutsche schöne Literatur kannte er weni-
ger. Er sprach französisch, italienisch und deutsch; das Lateinische las und
verstand er, auch war ihm in seiner Jugend die englische Sprache nicht
fremd. Nützliche Erfindungen aller Art, besonders aus der Mechanik
und allgemeinen Naturlehre, unterstützte er mit vieler Theilnahme,
und versuchte selbst Vieles. Sein Talent für ausübende Mechanik zeigte
sich in allen seinen Anordnungen; er hatte verschiedene Handwerker in
seinen Diensten, er verstand ihre Arbeiten, gab an, und veranlaßte
manche Vorrichtung. Die Wissenschaften hatten an ihm einen thatigen
Beförderer, und die meisten fremden Gelehrten von einigem Ruhme,
die nach Wien kamen, wurden an seine Tafel gezogen. Noch entschiede-
ner aber war sein Hang für die schönen Künste und Künstler, die Wie-
ner Kunstakademie ist fast ganz durch ihn geschaffen. — In jungen
Jahren war K. ein schöner Mann, und er hatte eine von den Phy«
siognomien, die Ehrfurcht einprägen, und den edlen Mann gleich bey
dem ersten Anblicke ankündigen. Das Reiten war eine seiner vornehmsten
Liebhabereyen, er war überall als ein großer Reiter bekannt, und
bielt seine Reitbahn für die erste in Deutschland. In seiner Bibliothek
hatte er die meisten Pferde- und Reitbücher, und zeigte öfters, daß er
sie fleißig gelesen habe. Nichts unterbrach seine Ruhe, seine Bequem-
lichkeit und seine häusliche, bis auf das Äußerste ins Kleinliche gehende
Ordnung. Das Leben liebte er ungemein, für seine Gesundheit war er
daher äußerst besorgt, aber die Ärzte achtete er nur aus Nothwendigkeit.
Seine diätetischen Grundsatze waren indessen äußerst sonderbar, und seine
ganze Tagesordnung in Absicht auf Geschäfte, Tafel und Schlaf war
eine völlige Umkehrung der Lebensweise anderer Menschen.
Rauns, tyrol. Dorf im Imster Kreise, bemerkenswerth als Ge-
burtsort des berühmten Bildhauers Zauner. "
Rauper), Joh. Vei t , Director der ständischen Zeichnungs-Aka-
demie zu Grätz, Lehrer der Zeichnenkunst an der Normalschule daselbst,
Mitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien und der großher-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie