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M u s i k .
Hinsicht, sowohl was die aufgeführten Opern als ihre Ausführung be-
trifft, mittelmäßigen italienischen Oper augenscheinlich bewies. Nicht zu
läugnen ist es auch, daß man den Talenten eines St rauß und La li-
tt er, welche in letzterer Zeit die Tanzmusik auf eine bisher nicht geahn-
te Höhe gebracht haben, zu viel Aufmerksamkeit schenkte, was eben auch
nicht für tüchtige Musikbildung spricht. Aber der Sinn für Tonkunst ist
so allgemein, daß auch ernste Werke, wenn sie gehörig aufgeführt wer-
den, sich eines zahlreichen, gewählten und theilnehmenden Publicums
erfreuen, eine durch die Concerte der Gesellschaft der Musikfreunde,
durch die Aufführung desH ändel'schen Belsazer's und besonders durch
die Concerts spirituels erwiesene Behauptung. Übrigens hört man jetzt
in Wien überall Musik, sie verfolgt den Spaziergänger selbst in die
ländliche Einsamkeit, und es scheint, die Freude könne nicht gedeihen, wo
nicht Tone erschallen. In neuester Zeit haben sich allerdings dieOrchester-
krafre bedeutend gehoben und was einst für schwer galt, wird jetzt mit
Leichtigkeit ausgeführt, eine Folge der beinern, einfachern Lehrmetho^
den; nichts desto weniger muß aus diesem Übermaße Übersättigung ent-
stehen; man will nur das Beste und selbst dieses nur auf Minuten, wenn
nicht Mode oder ächter Kunstsinn es anders bestimmen. Der Musikanstal-
ten besitzt Wien sehr viele. Die Gesellschaft der Musikfreunde desösterr.
Kaiserstaates (s. d.) hat eins sehr große Sammlung von Musikalien und
theoretischen Werken über Tonkunst, sie gibt jährlich 4 große Concerte
im großen Redoutensaale und bisweilen außerordentliche Productionen.
Unter ihrer Leitung steht das 1317 gegründete Conseroarorium, das im
Instrumentalfache mehrere tüchtige Zöglinge gebildet hat; im Gesänge
aber, wie fast alle Anstalten dieser Art, zurückbleibt und zurückbleiben
muß. Die Gesellschaft für Witwen und Waisen der Tonkünstler gibt alle
Jahre 1 oder 3 große Concerte. Fast jede Vorstadt hat ihren Musikverein
und damit verbundene Musikschulen und gibt Concerte. Die k. k. Hof-
bibliothek enthält einen reichen Schatz von theoretischen und pracrischen
Musikwerken. Jedes der 5 Theater hat ein vollständiges Orchester, jedoch
mit gehörigen Abstufungen. Das vorzüglichste ist das Orchester des k. k.
Hofoperntheaters, das viele wackere Künstler zahlt und energisch zusam-
mengreift. Diesem zunächst dürfte das Orchester deS vrivil. Theaters in
der Iosephstadt aufzuführen seyn. Das Orchester des Theaters an der
Wien ist nur ein Schatten seiner ehemahligen Vortrefflichkeit. Das Or-
chester des Theaters in der Leopoldstadt, in neuester Zeit bedeutend ver-
bessert, erfüllt gehörig seinen Platz. Die Chöre stehen mit den Orche-
stern in genauem Verhältnisse, obwohl der Chor des Hofoperntheaters
einst besser war, als er jetzt ist. Das Orchester des k. k. Burgrheaters,
bestimmt nur Symphonien und Entreactes zu spielen, kann sich, obgleich
aus guten Elementen größtentheils bestehend, nicht zur Bedeutenheirer-
heben. Die k. k. Hofcapelle, der Verein der ausgezeichnetsten Kräfte,
ist vorzüglich der Kirchenmusik gewidmet. Das Orchester der Concerts
8piriwels besteht aus Künstlern und Kunstfreunden, die sich durch Zu-
sammenwirkung und Eifer auszeichnen. In den Kirchen zu S t. Car l ,
zu den Augustinern, zuS t.P eter, zu St . Stephan u. a. h^t man
meistens gewählte, von einem tüchtigen Chöre und Orchester aufgeführte M.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Band 3
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe I-M
- Band
- 3
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 768
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie