Seite - 86 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe N-Sed, Band 4
Bild der Seite - 86 -
Text der Seite - 86 -
86 Oesterreich, nicht Oestreich. — Oesterreich, lLrzh., Gesch.
im späten Alter gleich, wenige Tage vor seinem Tode vollendete er noch
einen Christuskopf.
Oesterreich, nicht Oestreich muß geschrieben werden. Ostreich
oder Vsterreich, oder gar Ostenreich mag man schreiben, wenn man will,
nie a6er Östreich. Das altdeutsche Ost hat nur Oster und Oster, Ostir,
nie Ost gebildet. Ja, die alten Sachsen, Schweden und Gothen haben
Oster und Öster und gar selten Ost in Zusammenfügung der Wörter ge,
braucht. Die heutigen Schweden gebrauchen nur Oster; die Isländer
^u8tr (für Oi-iens) und Ost bedeutet bey ihnen ein Geschirr; die einzigen
Franzosen haben ^5t, nennen ader das Land nicht s t r icke, sondern
formiren aus dem verdorbenen Latein ^U5trica, Osti-icum, ^usii-ia,
ihr st r icke. Man kennt aber noch in Deutschland die Osterberger
bey Tübingen, O sterbehringer im Gothaischen u. s. w. Es heißt
Kaiser HeinrichIV. habedem Lande den Nahmen Ostriche gegeben, wel-
ches nach der ausgearbeiteten Sprache Ostreich sey. Östreich also von Ost-
richa herleiten! Ostreich wäre wohl recht geschrieben, nie aber Östreich.
Und wer hat geoffenbaret, daß Heinrich den gewöhnlichen Nahmen
Ostirrichi oder Österreich in Ostricha verwandelt habe? Solche Etymolo-
gen sagen ja selbst, Kaiser Ot to habe den Nahmen weder vorschreiben
können, noch wollen. Schon in einer Urkunde Otto's I I I . vom Jahre
996 helßt das Land Ostirrichi, in einer andern Heinrich's I I . vom I.
1002 Ostarriche, in einem Diplom Heinrich's I I I . vom I. 1052 Oster,
richi, Heinrich's IV. vom I. 1063 Osterriche. Was ihnen überflüssig
scheint, ist es noch lange nicht. ^uZtria ist von ^u^rica, welches <^er-
V25iu5 (^ilberiensis hat, entstanden, oder Ostreich; daher es ganz falscb
wäre, aus Austria Östreich erzwingen zu wollen. Da man also nicht mehr
Ostreich schreiben kann, so muß man Österreich, nie aber Östreich schreiben,
wie es denn im Kaiserthum selbst amtlich geschieht.
Oesterreich, Erzherzogthum. Geschichte. Die älteste Ge-
schichte dieses Landes reicht kaum über unsere Zeitrechnung hinaus, und
ist selbst in ihrer Nahe noch größtentheils Mythe. Der an der südlichen
Seite des Isters (der Donau) gelegene Landstrich war zwischen dem No-
ricum und Ober-Pannonien getheilt; der celtische Gebirgsrücken bildete
die Gränze von beyden. Indessen ist dieses schon ein späterer Zeitpunct,
in welchem die Römer ihr ungeheures Reich bis hierher (an des Isters
südliche Ufer) ausgedehnt hatten, und die Nahmen Noricum und Pan-
nonien ihren neuen Eroberungen gaben. Denn noch ältere Einwohner
celtischen oder keltischen Ursprunges waren hier weit frühere Besitzer und
Bewohner des Landes, weit früher von den Dakern mit Krieg heimge-
sucht, und vor Boerebista's wilden Horden flüchtig und in ihre Hoch-
gebirge (Tauern) verscheucht, wohin sie der dakische Anführer nicht weiter
zu verfolgen wagte. Nicht so schnell, aber desto sicherer waren die mit mehr
physischen und intellectuellen Hülfsmitteln zur Kriegführung versehenen
Römer hierher vorgedrungen; denn ihnen waren die hohen Tauern kein
ihren Zug hemmendes Hinderniß, und die alren Bergbewohner, die sie,
nach diesen, Taurisker nannten, hatten ihnen keine ähnliche.Macht ent-
gegenzustellen, um ihre endliche völlige Besiegung abzuwenden. Doch
überschritt die römische Eroberung nicht den Strom, an dessen linkes
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Band 4
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe N-Sed
- Band
- 4
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 660
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie