Seite - 548 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe See-V, Band 5
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vctcranl'iche Felsenhöhle.
die Theiß dein Feind entgegengehen sollte ; unterdessen er von dieser
keine sichere Kundschaft einziehen konnte, gingen Bocsan und Lippa
verloren, und ihm blieb nichts übrig, als sich mit seinen 7 Regimen-
tern Reiterey, etwa 6,50t) Mann, und mir 800 Mann Fusivolk vor
Lugos im Hageker Thale zu setzen, in welcher sonst vorcheilhaften
Stellung er Hülfe von der großen Armee erwartete. Statt dieser rückte
dcr Sultan mit 28,000 Ianitscharen und Arnauten, 27,000 Spahis
und 20,000 Tatam an. Zweymahl wurden die Feinde auf dem rechten
Flügel mit Verlust zurückgetrieben; dennoch gewannen sie, indessen V.
anf den linken Flügel eilte, die Oberhand, und bemächtigten sich der
Kanonen; noch stellte er das Treffen her, und eroberte die Kanonen
wieder; aber jetzt drangen auch die Feinde von allen Seiten ein; der
Feldherr selbst erhielt 2 Säbelhiebe und einen Schuß, oder nach andern
Berichten einen Lanzenstich in die Brust, und mußte, nach einer star-
ken Verblutung/ auf eine Kalesche gebracht werden, ohne daß erden
Platz verließ oder aufhörte, seine Befehle zu geben. „Ich habe nie
meine Leute verlassen," sagte er dem, der ihn weiter bringen wollte,
ein jeder bekomme erst so viel, als ich davon getragen habe, und dann
sehe man, wessen der Sieq seyn wird." Das ist freylich Sprache des
Unmuths;dennV. schien ausEifersucht vorsatzlich verlassen, oder glaubte we-
nigstens es zu seyn; erging also seinem Schicksale als Mann entgegen, und
dachte nur den Grundsatz zu bethätigen, den er bey Nissa geäußert
hatte: „Es ist besser mit Ehre umzukommen, als sich mit Schande zu-
sammenhauen zu lassen." In der Unordnung gerieth seine Kalesche an
einen Morast; man brachte ihn wieder auf ein Pferd; er ward aber vom
Feinde umringt/ und von den Seinigen verlassen, oder vielmehr sie
fielen mit ihm; den Niemand konnte sagen, er habe ihn todt gesehen.
Nach feindlichen Aussagen hieben die Barbaren dem Sterbenden den
Kopf ab; der Sultan aber, dem derselbe überbracht wurde, ließ ihn
mit dem Korper begraben. So endete Österreichs Leonidas! Seine
ganze Infanterie blieb auf dcm Platze; nur einem kleinen Theil der
Caoallerie gelang es, sich hinter das Gepäck zurückzuziehen, denn
auf beyden Seiten hatte man mit Verzweiflung gefochten, indem auch
die Türken 12,000 Todte zahlten. — Feldderrnblick, rascher Muth und
Fassung im Unfälle leuchten überall aus V.'s Geschichte hervor, und
seine lehrreichen Nachrichten sind eine der vorzüglichsten Urkunden für
diesen Zeitraum (1683—95)/ den sie beschreiben. Wegen der Offenheit
seines Charakters und wegen seiner Kriegserfahrung schätzte ihn der Mo,
narch; von dem Soldaten, den er versorgte, und von dem Landmanne,
den er nicht bedrückte, war er gleich geliebt und verehrt, welches beydes
zu vereinigen in seinen Zeiten viel schwerer war, als in den unsenqcn.
— Sein Sohn, der 1736 zu Wien im hohen Alter verstorbene Feld«
marschall J u l i u s Graf V., hat sich 1703—18 in dem türkischen, und
1719 im sicilianischcn Kriege mit Ruhm bekannr gemacht/ und dem
Nahmen des großen Vaters nichts vergeben.
Dcterani'sche Felsenhöhle, im walachisch-illyr. Regimentsbe-
zirke der banatischen Militärgränze, 5t Stunden von Al t -Orsowa,
50 Klafter von der Donau entfernt/ im Berge Tamantisches, ist 16
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Band 5
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe See-V
- Band
- 5
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 604
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie