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sters Pa l lad io , für den Baukünstler eine der wichtigsten Städte Ita,
liens, und selbst der Laie bewundert die Bauwerke des großen Architek,
ten, mit welchen er seinen Geburtsort so reichlich geschmückt hat. Noch
scheint sein Geist über dieser Stadt zu schweben. Die meisten Gebäude
zeigen edle und gefällige Formen; mehrere Straßen sind freundlich und
hell, und die Plätze ausgedehnt und großartig. V. liegt in einer frucht-
baren, herrlich angebauten Gegend, die dieserhalb auch früher der „Gar-
ten von Venediq" genannt wurde, zwischen 2 Hügeln am Bacchi-
glione, ist mit Mauern umgeben und enthält gegen 33,000 Einwohner.
Das merkwürdigste Gebäude der Stadt ist unfehlbar das 1580 von
Pal ladio begonnene und von seinem Sohne vollendete von Holz, im
verjüngten Maßstabe, nach den von V i t ruv angegebenen Verhältnis-
sen aufgeführte olympische Theater. Gleichfalls von Pal lad io erbaut
ist der Delegationsvalass an der Piazza de' Signori, welcher mit 2 Säu-
len geziert ist. Gegenüber demselben steht das Rathhaus, ein altes un-
regelmäßiges Gebäude, um welches Pal ladio einen prächtigen, 2
Stockwerk hohen Arkadengang angelegt hat. Unter den vielen Kirchen
zeichnet sich der Dom durch seine eigenthümliche gothische Bauart aus.
Sehenswerthe Gemälde enthalten die Kirchen S.Vincenzio, S. M i-
chele, S. P ie t ro , St a. Mar ia nuova und die der Madonna
delle Grazie. Von Privatgebäuden sind die Paläste der Familien
Tiene, Barbarano und Pojano die vorzüglichsten; sie enthalten
mehrere gute Gemälde und Bildhauerarbeiten. Der Palazzo Volp i zeich-
net sich durch seine prachtvolle Treppe aus. Auch das einfache Wohn-
haus Palladio's ist sehenswerth. — Außerdem Corso hat V. einen
herrlichen großen Spazierplatz^r dem Thore del Castello, dem Campo
Marzio, zu welchem man durch eine Art Triumphbogen gelangt, und
der von den Franzosen mit Alleen und Gebüschen bepflanzt, und zu einem
Vergnügungsorte umgeschaffen worden ist. Man hat von diesem erhöh-
ten Puncte eine romantische Aussicht nach der fernen Burg Mo ntecchio
und dem alten Thurm der nahen Kirche S. Felice e Fortunato.
Von der Porta Lupia führt ein 2,000 Fuß langer bedeckter Gang von
163 Arkaden zu der auf einer buschigen Anhohe liegenden Wallfahrtskir-
che Madonna del Mon te , 1688 von Bare l la erbaut und im
Innern mit guten Gemälden geschmückt. In dem nebenstehenden Kloster
befindet sich im Speisefaal ein vortreffliches Gemälde von Paul Vero-
nese, der Papst Gregor l . beym Nachtmahl. Die Aussicht von dem
Gipfel des Berges, bis nach Padua und Montebel lo hin, ist sehr
reizend. — V. ist der Sitz der Delegation und Provinzial-Congrega-
tion, eines Bisthutys mit Domcapitel, und hat ein Lyceum, 2 Gym-
nasien, ein bischo'fl. Seminar mit philosophisch-theologischen Studien,
eine Hauptschule und Hauptmadchenschule, ein öffentliches Knaben-Er-
ziehungs-Collegium, eine olympische Akademie, eine öffentliche Stadt-
bibliothek (mit mehr als 50,000 Bänden und 200 Manuscripten), 3
Theater und verschiedene Wohlthätigkeit^-Anstalten, als: Das große
Krankenspital für 170 Kranke, ein Findelhaus, das große Findlings-
Conservatorium Checozzi, 2 Waisenhäuser, ein Arbeits- und Versor-
gungshaus lc. Es gibt hier mehrere Seidenspinnereyen und Filatorien,
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Band 5
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe See-V
- Band
- 5
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 604
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie