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2t Waldstein, Franz Adam Graf v.
hatte, sprang W. aus dem Bette und stand an einen Tisch gelehnt
schweigend am Fenster. Deveroux brüllte ihn an: „Bist du der
Schelm, der kaiserlicher Majestät die Krone vom Haupte reißen und die
Armee zum Feinde hinüberführen will? Jetzt mußt du sterben!" Über-
rascht, voll beleidigten Stolzes schwieq W. und breitete bloß die Arme
aus, den Stoß der Hellebarden in die Brust zu empfangen; ohne einen
Laut sank er in seinem Blute dahin. — Der Leichnam wurde seiner
trostlosen Witwe ausgeliefert, welche ihn neben seiner ersten Gemah-
linn, in der von ihm gestifteten Karthause zu Gitschin beysetzen ließ.
Die nach seinem Tode aufgeworfene Frage, ob er fiel, weil er sich em-
pört; oder ob er sich empört habe, weil er gefallen sey, ist noch bis auf
den heutigen Tag mehrmahls Gegenstand scharfsinniger Untersuchungen
und Nachforschungen geblieben, so viel ist indessen gewiß, daß ihn Ehr-
geiz, Glücks das Gefühl seiner Allgewalt in seinem selbst geschaffenen
Heere, endlich Zuversicht auf sein glückliches Gestirn in jenen bewegten
?eiren zu Planen verleitet, welche die großce Gefahr für den kaiserl.
Hof im Falle eines für ihn günstigen Ausganges zur Folge baben mußten.
— W. hinterließ aus seiner zweyten Ehe nur eine einzige Tochter, Ma-
rie E l i se, die sich in der Folge mit dem Grafen Rudolph Kau«
nitz vermahlte. Die Episode von Max und Thecla in Schiller's
großartigem, übrigens auf historischem Grunde ruhenden Schauspiele, ist
ganz als Schöpfung der Phantasie des Dichters zu betrachten.
tvaldstein, Franz Adam Graf v . , wurde den 14. Febr.
1759 zu. Wien geboren, war äußerst wissenschaftlich gebildet und wählte
vorzüglich die Botanik zu seinem Lieblingsstudium; er wurde Mitglied
der gelehrten Gesellschaften zu Be r l i n , P rag , Moskau:c.^ Mit
Ki ta ibel (s. d.) bereiste er zu wissenschaftlichen Zwecken 7 Jahre lang
Ungarn, und gab mit diesem gemeinschaftlich 1802 ein Werk über die
selteneren Pflanzen Ungarns heraus: Ve8crlptic)n65 et icones plan-
tarum i-aricu-um Hungrige, von rvelchem 1812 eine Fortsetzung er-
schien. Seine botanischen KemMisse waren so rühmlich bekannt, dass
Wi l ldenow in seinen 8pecie8 planlarum I^innei eine von ihm ent-
deckte Pflanzengattung Wal^tenia nannte. Nach dem Tode seines al-
teren Bruders I oh. Friedrich, Fürst-Bischofs von Seckau (18l2),
übernahm er die Fideicommißherrschaften und Allodialgüter in Böhmen
und verbesserte den Wohlstand seiner Unterthanen durch verschiedene öko-
nomische und Fabriks-Anlagen wesentlich, ergründete Schulen für die
Landjugend, erbaute ein großes Schloß zu Du r , gründete daselbst
ein Naturalien - Cabinet, eine Kunstgallerie, Porzellansamm'ung,
Waffenkammer :c.. In früherer Zeit hatte sich Graf W. auch im Waffen-
dienste bemerkbar gemacht; 1787—39 focht er in kaiserl. Diensten gegen
die Türken, nachdem er schon früher als Malteserritter an einigen See«
karavanen Theil genommen hatte. 1790 quitlirte er zwar als k. k. Ritt-
meister, ließ sich jedoch 1797, als die Franzosen in Steyermark ein-
drangen, neuerdings bey dem Wiener adeligen Cavalleriecorps anstellen.
1303 trat er in die damahls neu errichtete Landwehr, und zeichnete sich
als Major in dem Feldzuge 1809 so vorzüglich aus, daß ihn Kaiser
Franz zum Oberstlieutenant ernannte, und mir dem Commandeur-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie