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Überschwemmungen, Feuersbrünste, und endlich durch eine so verhee«
rende Pest heimgesucht, daß man die Todten, wegen ihrer großen An-
zahl, nicht ordentlich begraben konnte, sondern nur große Gruben ma,
chen, sie hineinwerfen und mit Erde bedecken mußte. Bey allen diesen
Landplagen suchte Ot tokar , der nach dem Tode seines Vaters auch
König voll Böhmen wurde, noch immer seine Unterthanen für die aus-
gestandenen Drangsale nach seinen Kräften zu entschädigen, und both
Alles auf, W. immer mehr und mehr zu verherrlichen. Ottokar zog
die bisher in der Vorstadt gelegene Burg und Michaelskirche, das Schot-
tenkloster und dessen Kirche zur Stadt, bebaute den heutigen Kohlmarkt,
ließ auch zwischen der Burg und dem heutigen Schottenthore viele Ge-
bäude anlegen, und zog um diesen neuen Anwachs der Stadt Mauern
und Gräben, welche auch mit Thürmen befestigt wurden. So sehr nun
W. in den beyden letzten Jahren an Umfang zunahm, so schrecklich
wurde diese Stadt 1276 durch 3 bald aufeinander gefolgte Feuersbrünste
bis auf ungefähr 150 Häuser in der Gegend des neuen Marktes verwü-
stet. Selbst die Thürme der Stadtmauern (nur das Kärnthner- und das
Widmer- oder Holzthor, welches in der Gegend des heutigen Iosepbs-
platzes lag, ausgenommen) brannten dergestalt aus, daß sie theils ein-
stürzten, theils dem Einstürze drohten. Inzwischen forderte Rudolph
von Habs bürg, der indessen von den Churfürsten zum römischen
Haiser erwählt worden war, den König Ottokar auf, die unrecht-
mäßig und ohne kaiserliche Lehnung an sich gebrachten Lander wieder ab-
zutreten. Allein Letzterer weigerte sich, und bemüssigte den römischen Kai-
ser 1276 selbst vor W. zu kommen und die Stadt mit seinem Heere
zu belagern. König Ottokar, der nun dem Kaiser mit Gewalt nicht
widerstehen konnre, ging endlich eine Unterhandlung ein, und trat
an Rudolph von Habsburg die deutschen Provinzen ab ; welcher
sogleich davon Besitz nahm, und sich der Treue der Bürger dadurch
versicherte, daß er ihnen nicht nur ihre alten bürgerlichen Rechte und
Gewohnheiten bestätigte, sondern auch das Privilegium Kaiser Fried-
rich's I I . , womit W. zu einer Reichsstadt erhoben ward, erneuerte.
Nudo lph von Habs bürg, welcher sich schon seit langer Zeit bey
den Churfürsten beworben hatte, die zum Reiche gebrachten Fürsten-
thümer und Länder seinen eigenen 2 Söhnen Albrecht und Ru-
dolph verleihen zu können, erhielt nun von den Churfürsten die
einstimmige Bewilligung hiezu, belehnte seine beyden Söhne 1282 mit
den Herzogthümern Österreich, Steyer und Krain :c., und verpflanzte
somit das Habsburgische Haus auf den österr. Thron. Die Stände aber
bathen hierauf den Kaiser, die Länder dzm Herzog A lb rech t allein
zuzueignen, welches auch bald bewilligt wurde. Indessen starb Kaiser
Rudolph 1291, und Adolph Graf von Nassa u, wurde im fol-
genden Jahre zum Kaiser erwählt, welcher sich aber in der Folge bey den
deutschen Fürsten so verhaßt machte, daß von den meisten beschlossen
wurde, ihn wieder abzusetzen, und den Herzog Albrecht zum römi-
schen Kaiser zu erwählen, welcher auch 1293 als solcher von allen Chur-
fürsten einstimmig erklärt und in Aachen gekrönt wurde. Die Ausbil-
dung dieses Herzogthums zu einem mächtigen Staate begann nun erst
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie