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seit den Jahren, als das Haus Habsburg das Herzogthum Osterreich
erhielt. Unrer Kaiser Friedrich I I I . wurde 1480 von Pau l I I . die
bisher gefürstete Propstey zu S t . Stephan in W. zu einem Bis-
thume erhoben. 1477 fiel Math ias , König von Ungarn, darüber
aufgebracht, daß ihm Kaiser Friedrich I I I . bey Bewerbung um die
böhmische Krone seine Unterstützung versagte, und nachher auch die
Hand seiner Prinzessinn abgeschlagen hatte, mit zahlreicher Heeresmacht
in Osterreich ein, nabm alle kleineren Plötze rings um W. in Besitz,
lagerte sich dicht an die Stadt, beschoß dieselbe mit steinernen und eiser-
nen Kugeln, und bedrohte dieselbe durch mehrere Monathe mit Sturm.
Friedrich mußte nun einen Waffenstillstand verhandeln, und die Zu-
rückgabe der von Math ias eroberten Platze mit dem Versprechen einer
bedeutenden Geldsumme erkaufen. Da nun aber Friedrich diese an
König Math ias zu bezahlende Summe nicht aufbringen konnte, wurde
W. wieder mit einer zweyten Belagerung bedroht/ und Math ias
drang 1484 neuerdings mit einem großen Heere in Osterreich ein, ließ
die Städte ober W. besetzen, um dadurch der Hauptstadt die Zufuhr
auf der Donau abzuschneiden, und drang endlich von Nußdorf herab
in den untern Werd, wo gegen die mittlere Brücke und gegen den ro-
then Thurm, oder am neuen Donau-Einlaß, mehrere Schanzen auf-
geworfen wurden. Des Königs Lager erstreckte sich vor dem Schotten-
und Werderthore bis gegen den Doblingerbach, und jenes des Oberfeld-
herrn wurde am Wienerberge bey der Spinnerinn am Kreuz aufgeschlagen.
Der Hunger zwang nun die Stadt zur Übergabe an den König Ma-
thias, der hierauf am 1. Iuny 1435 seinen Einzug erhielt; 5 Jahre
aber darauf, 1490, in W. verschied. Nach dem Tode des Königs von
Ungarn brachte Kaiser Friedrich's Sohn, Mar im i l i an , im deut-
schen Reiche schnell ein Heer zusammen, mit welchem er beynahe ganz
Osterreich und auch W. besetzte, nach Abzug der Ungarn seinen feyerlichen
Einzug hielt, und sich dann sehr angelegen seyn ließ, daselbst die alte
Ordnung wieder herzustellen. Mar im i l i an starb 15 l l), und ihm
folgte sein Enkel Ferdinand, welcher 1522 nach Österreich kam, und
anfangs seine Wohnung in Wiener-Neustadt hatte. Als Ferdi-
nand's Schwager, der König Ludwig von Ungarn, in der Schlacht
bey Mohäcs blieb, und keinen männlichen Erben hatte, kam Ferdi-
nand auch zu den rechtmäßigen Ansprüchen auf die ungarische Krone,
worauf er wirklich 1527 zu Preß bürg gekrönt wurde; allein, ein
Theil der Magnaten dieses Reichs hatten den siebenbürgischen Woywo-
den, Johann Zaoo lya , zum König erwählt, und ihn auch schon
1526 zu S tuh lw eißenburg krönen lassen. Johann, der wohl
einsah, daß er den siegreichen Waffen Ferdinand's werde unterliegen
müssen, verwendete sich bey dem türkischen Sultan So l iman , um
ihm gegen einen großen Tribut den Besitz von Ungarn zu sichern. Der
türkische Kaiser So l iman ergriff bald den Antrag, und zog wirklich
schon 152s) von Constantinopel aus, an der Spitze eines Heeres
von ungefähr 3M),000 Mann, gegen W.Die Nachricht von dem schnel-
len Vorrücken der Feinde verbreitere nun in W. ein allgemeines Schrecken.
Jedermann war auf die Flucht bedacht, und trachtete sich aus der Stadt
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie