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W i e n.
men Franz l. zum röm. Kaiser erwihlt und gekrönt (1745). Nach
seinem Tode (1765) wurde Joseph I I . , sein ältester Sohn, in den
Erbstaaten Mitregent und deutscher Kaiser. Der freye Raum zwischen
der Stadt und den Vorstädten, oder das sogenannte Glacis, war bis
1770 ein wüster und mit Unrach und Schlamm bedeckter Platz, ohne
Fahrwege und Fußsteige, unbequem und unsicher zu durchwandeln. Kai-
ser Jose pH ließ nun ringsum erhöhte Fahrstraßen, und von jedem
Stadtthore zum andern, so wie auch in allen Vorstädten eigene Wege für
die Fußgeher anlegen, wodurch das ganze Glacis zu einem schönen Wie-
sengrunde umgeschaffen, und die Gemeinschaft zwischen der Stadt und
den Vorstädten ungemein erleichtert wurde. 1763 (den 27. Februar) wur-
de W. durch ein heftiges Erdbeben erschüttert, zugleich trat die Donau
aus ihren Ufern und richtete durch Überschwemmung bedeutenden Scha-
den an. Die milde Regierung Mar ia Theresiens, und die höchst
mäßigen Preise der Lebensbedürfnisse zogen nun allmählig immer meh,
rere Menschen nach W., wodurch die Vorstädte durch neuen Anbau nicht
nur vergrößert, sondern auch in der Stadt selbst die Häuser hier und da
vermehrt und verschönert wurden. Das Glacis rings um die Stadt, dann
vor den Stadtthoren, die Fahrwege bis zum Eingänge der Hauptstra-
ßen in die Vorstädte; ferner die große, im Zirkel um die Stadt lau-
fende Fahrstraße, und sämmtliche von der Stadt nach den Vorstädten
führenden Fußwege wurden zur Sicherheit und Bequemlichkeit des Pu-
blicums durchaus mit Laternen beleuchtet. 1749 wurde die Caserne auf
dem Getreidemarkt, 175 l die große Caserne in der Alsergasse erbaut;
dasselbe Jahr wurde in W. die noch bestehende Zahlenlotterie einge-
führt; 1754 erfolgte die allgemeine Studienreform und der neue Bau
des Universitätsgebäudes, an welcher 1752 die Sternwarte errichtet wurde.
1766wurde dem Publicum der Prater zum ersten Mahle und für immer er-
öffnet. 1763—70 fanden wichtige Verschönerungen derStadt durch neue
Bauten Sratt, so z. B. das Gebäude der geh. Hof- und Staatskanz«
ley, die Eröffnung des Iosephsplatzes. 1771 entstand die kleine Post.
1774 wurde das Hoftheater zur Nationalbühne; 1775 wurde auch der
Augarten für immer dem Publicum geöffnet. 1773 wurden die wichtig-
sten Straßen der Stadt zuerst mit Trottoirs versehen, 1779 hatte die
Stiftung des Taubstummen-Instituts Statt. Am 29. Iuny 1780starb
Mar ia Theresia in dem Alter von 63 Jahren. Ihrer 40jährigen
weisen Staatsverwaltung war es zu verdanken, dasi ihr großer Sohn
und Nachfolger das Erbe seiner Väter, welches seiner Mutter von dem
halben Europa streitig gemacht wurde, ruhig und geachtet antreten
konnte. Am 22. März 1782 kam zum Erstaunen für ganz Europa der
Papst P ius VI . , um sich mir dem Kaiser Joseph über kirchliche
Angelegenheiten zu besprechen, nach W. Am 25. März begab sich der
Papst im feyerlichen Zuge in die Kapuzinerkirch?, und dann in die
kaiserliche Familiengruft. Am 23. März, am grünen Donnerstage,
theilteer dem Kaiser und dem Erzherzoge Max im i l i an das heilige
Abendmahl aus, verrichtete dann statt des Kaisers in der Burg die ge-
wöhnliche Fußwaschung, besuchte die folgenden Tage in mehreren Kir-
chen das heilige Grab, und hielt am Ostertage bey St . S tephan
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie