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W i e n .
über ein bedenklicher Auflaus des dadurch inbignirten Volkes erfolgte.
Man warf dem Gesandten die Fenster ein, die Fahne wurde gewaltsam
heruntergerissen, durch mebrere Gassen geschleppt, und auf der Freyung
bey einem offenen Feuer verbrannt. Der Lärmen dauerte bis nach Mit-
ternacht, obschon alle polizeylichen Maßregeln genommen wurden, und
General Bernadotte mußte des andern Tages Früh unter einer
starken Bedeckung von Cavallerie, um ihn vordem aufgebrachten Volke
zu schützen , W. verlassen. 1799 brach der Krieg zwischen Osterreich und
Frankreich wieder auf's Neue aus, wurde aber von der vereinten ö'sterr.-
russischen Armee mit sehr glücklichem Erfolge geführt, und ganz Italien
von den Franzosen befreyt. Allein, so glücklich der Krieg 1799 geführt
wurde, eben so ungünstig siel derselbe 1800 aus, und nach der Schlacht
von Marengo fiel ganz Italien wieder in die Gewalt der Franzosen.
Durch die Schlacht bey Hohen linden wurde dem Feinde abermahls
der Weg nach Osterreich geöffnet, die Franzosen rückten stets vorwärts,
und bedrohten im December 1800 neuerdings die Hauptstadt. Während
des angestrengten Kampfes mit dem unwiderstehlich vordringenden Fein-
de, und den besten Anstaltenj zur Rettung der Hauptstadt ward inzwi-
schen an Herstellung des Friedens gearbeitet, bis endlich zu Lunevil le
jn Lothringen der Friede mtt glücklichem Erfolge zu Stande gebracht
wurde. !804 nahm Kaiser Franz I I . den Titel eines Erbkaisers von
Osterreich an, und hieß als solcher fortan Franzl . (Die Niederlegung
der romisch - deutschen Kaiserwürde erfolgte 1806.) Dieses wichtige
Ereigniß wurde in W. bey Trompeten- und Paukenschall öffentlich ver-
kündigt. Den 7. Iuly 1805 entstand, wegen nichtigen Streites eines
Handwerksburschen in einem Bäckerladen auf der Wieden, ein bedeu-
tender Auflauf, der sogenannte Bäckertumult. Der Pöbel rottete sich
haufenweise zusammen, man schlug die Fenster des Hauses ein, und
fing sogar an, das Dach und die Mauern zu zerstören. Zuerst wurde
versucht, die Meuterer durch Vorstellungen zu beschwichtigen; da diese
lnchts halfen, wurde von den herbeygerückten Truppen blind auf den
Haufen gefeuert. Der Pöbel, mehr dadurch aufgebracht als erschreckt,
erwiederte das Feuer mit einem Hagel von Steinwürfen, wodurch meh-
rere Soldaten und Officiere verwundet wurden. Das Militär feuerte
jetzt scharf auf den Haufen, wodurch einige der Ruhestörer getödtet und
mehrere verwundet wurden; doch dauerte der Tumult noch bis gegen 1l)
Uhr Nachts, und wiederholte sich des folgenden Tages in den Vorstäd-
ten Mariahülf, Neubau, St. Ulrich und Iosevhstadt, wo allenthalben
die Backerladen förmlich geplündert wurden. Nur die energischsten Maß-
regeln, Drohung mit standrechtlicher Execution :c. konnten endlich die-
sem Unfug den darauffolgenden Tag ein Ende machen, und man durfte
aus einigen llmstanden vermuthen, daß fremde Hände unter den damahls
gen politischen Verhältnissen mit im Spiele waren, und der Brodman-
gel hier, wie anderwärts, nur der Vorwand zu beabsichteten Unordnun-
gen seyn sollte. 1805 wurden in W. und in allen österr. Landern über-
haupt, grosie Militär-Anstalten gemacht, welche einverständlich mit
Rußland eine bewaffnete Neutralität zum Grunde hatten, und wegen
Vereinigung der franzö's. Heere in Italien und an den österr. Gränzen
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie