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wiener Aufgeboth. 135
schnelle Approvisionirung Wien's und die Anlegung eines großen ver-
schanzten Lagers wurde zur Vertheidigung der Stadt und des Landes
beschlossen, zu gleichem Zwecke wurde die ungarische Insurrection auf-
gebothen. Den 6. April versammelte Graf Saurau auf dem Rath-
hause alle Grundgerichte, alle Innungsvorsteherundden ganzen äußern
Ratb. Seine Rede weckte allgemeine Begeisterung, die Einschreibung
zur Landesvercheidigung hatte den erwünschtesten und schnellsten Fort-
gang. Die Bürger, die ihr Eid zur persönlichen Vertheidigung ver-
band, stellten ihre Sohne, Diener und Gesellen, kleideten, bewaffne-
ten und verpflegten sie auf ihre Kosten. Die Studenten, von dem da-
mahligen RectorMagnificus, dem hochverdientenQuarin, angefeuert,
wetteiferten, in die Reihen der edlen Landesvertheidiger zu treten.
Der eben in Wien angelangte Commandirende von Innerösterreich,
F e r d i n a n d Herzog von Würremberg, ließ sich als Freywilliger
zum Aufgeboth einschreiben/ und gewann durch seinen glühenden Eifer
und die zweckmäßigsten Förderungen dieser patriotischen Maßregel all-
gemeine Achrung und Anhänglichkeit, so daß Kaiser Franz nur den
Wünschen des Volkes zuvorkam, als er den Herzog zum Oberbefehls-
haber des Aufgebothes ernannre. Schon den I I . April ruckren über
1,000 Studenten und bey 7,300 Freywillige auf das Glacis und para-
dirten vor dem Kaiser und der Kaiserinn. Den 12. April waren bereiis
3?,000Mann aufgezeichnet, viele davon konnten trotz ihresEi'fers aus Man-
gel an Waffen nicht eintreten. Zur vollständigen Equipirung wurden nun so-
wohl Waffen als P-'erde von den Privaten abgefordert. Durch eine
Kundmachung wurde im Nahmen des Kaisers jeder Bürgerswitwe, deren
Mann bey gegenwärtigen Umständen vordem Feinde bliebe, und die
kein eigenes Vermögen besäße, eine eigene lebenslängliche Pension zu-
gesichert, eben so wurde auch Ersatz der, durch die Vercheidigunqs-
anstalten an den Häusern verursachten Beschädigungen versprochen. Die
Vertheidigung'maßregeln wurden rasch becrieben, die Zugbrücken vor
den Thoren in g>nen Stand gesetzt, der bedeckte Weg mit Pallisaden
besetzt, selost die Linien um die Vorstädte gegen einen ersten Anlauf ge-
sichert. O s^chon bereits den 9. April d)e Nachricht von dem zwischen dem
Erzherzog Carl und B ona parte'abgeschlossenen Waffenstillstand zu
Juden bürg in Wien anlangte, wurden doch die Vertheidigungs»
Anstalten fortgesetzt. Den 14. rückte die Mannschaft, 32,000 Mann
stark in die am Wienerberge, im Pracer und in der Brigiitenau schnell
angelegten Verschanzungen ein. Die Mitglieder der Akademie der bil-
denden Künste unter ihrem wackern Director Schmuzer traten eben«
falls in die Reihen der Landesvertheidiger, die Werkung dcr nieder-
osterr. Stande für ein eigenes Corps, jene des Fürsten Johann
Liechtenstein für die Neiterey des Aufgeboths hatten die erwünschte-
sten Folgen, die Mitglieder des Handelsstandes griffen zahlreich zu den
Waffen, der Adel, die Bürger, Reiche und Arme wetteiferten, sich
an Gemeinsinn zu übertreffen. Besonderen Eifer hatte die Innung der
bürgerlichen Tischler an den Tag gelegt, die 5 Comoagnien bey 1,500
Mann stark, bildeten, und sich durch einen besonderen Eid verbunden
hatten, nicht von einander zu weichen, und jeden Feigen für immer
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Band 6
- Titel
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Untertitel
- Buchstabe W-Z
- Band
- 6
- Autoren
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Verlag
- H. Strauß
- Ort
- Wien
- Datum
- 1835
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.3 x 22.0 cm
- Seiten
- 668
- Schlagwörter
- Nachschlagewerk, Biografien
- Kategorien
- Lexika National-Enzyklopädie