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90 K. Hauer
Darüber hinaus können solche Systeme auch den Pflegebedarf reduzieren bzw. hinaus-
zögern und Pflegekräfte sowie Angehörige entlasten (Ienca et al. 2017; Pollack 2005).
Jedoch birgt der Einsatz von robotergestützten Assistenzsystemen auch Risiken wie
soziale Isolation, Verlust der Privatsphäre, Autonomie und Würde. Auch Sicherheits-
risiken oder Überforderung der Nutzer werden als Gefahren genannt (Sharkey und
Sharkey 2012; Körtner 2016; Vandemeulebroucke et al. 2018; Manzeschke et al. 2013).
Unterschiedliche robotische Systeme müssen dabei jedoch differenziert in Bezug auf
ihre Funktionen, ihr Design und ihren Einsatz in verschiedenen Zielgruppen beurteilt
werden (Körtner 2016).
Definitionsgemäß sind alle potenziellen Nutzergruppen von Unterstützungssystemen
in verschiedenen Funktionen eingeschränkt, stellen also in verschiedener Hinsicht
Risikogruppen dar. Eine besonders vulnerable Gruppe umfasst Personen mit kogniti-
ver Einschränkung. Neben dem progressiven Verlust von relevanten kognitiven Teil-
leistungen und dem oft assoziierten Verlust von motorisch-funktionellen Leistungen bei
diesen oft hochbetagten, multimorbiden Menschen spielen auch psychosoziale Aspekte
(Stichworte: geringe Selbstwirksamkeit, Scham, Überforderung, Angst, Stigmatisierung)
eine bedeutende Rolle. Einem besonders hohen Hilfsbedarf stehen in dieser Gruppe viel-
fältige Risiken bzw. Limitierungen gegenüber, die eine spezifische Abstimmung in der
Entwicklung von technikgetriebenen Hilfssystemen notwendig machen. Eine besondere
Bedeutung spielen in dieser Gruppe auch vielfältige ethische Aspekte (z. B. ein-
geschränkte formale Autonomie bei Einverständniserklärung, eingeschränkte Möglich-
keiten, eigene Positionen zu vertreten und zu artikulieren). Ethische Aspekte bzw. die
Ausrichtung der technischen Entwicklung auf die Zielgruppe stellen dabei keinen Ver-
zögerungsgrund und kein Hindernis dar, sondern sind die Voraussetzung, um adäquate,
passende Hilfsmittel zu entwickeln und die Akzeptanz bei den potenziellen Nutzern zu
stärken (Körtner 2016). Diese strategische Ausrichtung der Entwicklung wird bislang oft
unzureichend erfüllt (Robinson et al. 2013). Fast die Hälfte von gesundheitsrelevanten,
häuslichen IT-Lösungen funktionieren nicht oder werden aufgrund einer unzureichenden
Berücksichtigung von soziotechnischen Aspekten nicht angenommen (Alaiad und Zhou
2014). Die Akzeptanz von robotergestützten Assistenzsystemen ist jedoch entscheidend
für deren erfolgreiche Implementierung und Nutzung (Ienca et al. 2017; Shah und
Robinson 2006; Heerink et al. 2006).
Es gibt eine Vielzahl von individuellen Faktoren, die entscheidend sind für die
Akzeptanz von robotergestützten Assistenzsystemen. Dazu gehören z. B. Alter, subjek-
tiver Bedarf an Hilfe/Motivation, Geschlecht, Vorerfahrungen mit Technologien/Robo-
tern, kulturelle Aspekte, soziale Rollen, individuelle Erfahrungen, Ängste und generelle
Haltung gegenüber Robotern/technischen Hilfssystemen. Kognitive Fähigkeiten/Ein-
schränkungen und das Bildungsniveau spielen dabei eine hervorgehobene Rolle und sind
zudem mit anderen oben genannten Faktoren assoziiert (Broadbent et al. 2009). Ein-
fache, kognitiv wenig herausfordernde Handhabung und das Wohlbefinden stellen eben-
falls wichtige positive Einflussfaktoren dar (Kulviwat et al. 2007).
Aufgrund der oben beschriebenen Vulnerabilität der Gruppe von Menschen mit kogni-
tiver Schädigung werden diese in Forschungsprojekten oft ausgeschlossen. Ein Ausschluss
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