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3. HERAUSBILDUNG VON KUNSTKENNERSCHAFT IN DER JUGEND 41
tische Verhältnisse vergleichsweise schlichte
Lebensführung am toskanischen Hof gegen-
über.
Ganz allgemein wurde von den Großprin-
zen auch eine Vertrautheit mit den Künsten
erwartet. Zum Kanon der Prinzenbildung
gehörte daher neben dem Fecht- auch der
Zeichen-, Musik- und Tanzunterricht, ebenso
wie der regelmäßige Besuch von Theaterauf-
führungen.
Der Ajo der älteren Knaben, Graf Franz
von Colloredo-Wallsee, berichtet in seinem
Tagebuch, dass er und sein Sotto-Ajo, Mar-
chese Federigo Manfredini, mit dem etwa
vierzehnjährigen Erzherzog Franz mehrmals
in der Woche Galerien, Museen oder Privat-
sammlungen in Florenz aufsuchte. Oftmals
wurden auch Bibliotheken und Kirchen besucht, wie etwa die gotische Basi-
lika Santa Maria Novella.109
Das Kennenlernen derartiger Meisterwerke bot die Möglichkeit einer
sehr frühen Auseinandersetzung mit Kunstwerken aller Art und forderte
den Jugendlichen angesichts der Vielzahl an Kulturstätten und Bauwer-
ken in Florenz förmlich zu einer solchen heraus. Das besondere Interesse
des Erzherzogs Franz an bildender Kunst kommt auch in den Aufzeichnun-
gen Colloredos immer wieder zum Ausdruck. So erwähnt er unter anderem,
dass sich der Fünfzehnjährige eingehend mit dem (von Christian von Me-
chel in diesem Jahr herausgegebenen) Katalog der kaiserlichen Gemäldega-
lerie in Wien beschäftigte.110
Über die Auseinandersetzung mit Werken der Kupferstichkunst wird in
den Kindheitsschilderungen der Prinzen mehrfach berichtet. So soll Groß-
herzog Leopold den älteren Söhnen regelmäßig Porträtstiche von Monar-
chen oder Päpsten vorgelegt haben, die er ihnen selbst erläuterte.111 Der
Lehrer für Geografie und deutsche Grammatik, Anton Ludwig, belohnte
seine Schüler bei gutem Lernerfolg gerne mit dem Betrachten von Kupfer-
109 Zitiert nach Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 230. Das Tagebuch Colloredos: ÖStA, HHStA,
Hausarchiv, Sammelbände 73–74.
110 Ebenda, S. 230. Mechel, Christian von: „Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königli-
chen Bilder-Gallerie in Wien“ Wien–Basel, 1783.
111 Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 175; Zeissberg (1895), S. 25.
Abb. 7: Kaiser Leopold II.
(1747–1792)
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur