Seite - 55 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
Bild der Seite - 55 -
Text der Seite - 55 -
3. HERAUSBILDUNG VON KUNSTKENNERSCHAFT IN DER JUGEND 55
„Könige von Spanien“ in den handschriftlichen Aufzeichnungen zur Porträt-
sammlung, so lässt sich hinsichtlich deren äußerer Form eine weitgehende
Übereinstimmung feststellen (Abb. 78, 79). Als biografisches Datum wird im
ersten Fall der Anfang der Regierung, im anderen Fall das Ende angeführt.
Die Basis für das vorrangige Interesse des Erzherzogs an einer histo-
risch-dynastischen Ausrichtung der Sammlung dürfte also ganz offenkun-
dig im Rahmen seines Geschichtsunterrichts bereitet worden sein. Der dort
praktizierten Auseinandersetzung mit chronologischen Regentenfolgen und
genealogischen Tabellen kam Jahrzehnte später bei der Entwicklung der
systematischen Programmatik der Sammlung erneut eine maßgebende Rolle
zu. Ohne seine historischen und genealogischen Studien wäre die spätere
systematische Anordnung der Porträts nicht denkbar. Diese wiederum be-
durfte des Heranziehens genealogischer Literatur, über welche die eigene
Privatbibliothek verfügte.153
Auch das Verfassen von kurzen Lebensbeschreibungen der Porträtierten,
welches schon vom deutschen Historiker Johann Jakob Brucker in seinem
„Bilder-Sal“ (1741) den Sammlern von Bildnissen nahegelegt wurde,154 nahm
seinen Anfang im Geschichtsunterricht und wurde vom Kaiser noch bis in
das 19. Jahrhundert hinein praktiziert. Letztendlich korrespondieren seine
Aufzeichnungen zur systematischen Einrichtung der Sammlung, die sich in
zahllosen Tabellen und Listen erhalten haben, in mehreren Aspekten mit
der Form der Wissensvermittlung, wie sie vom Lehrer Sigismund Anton von
Hohenwart propagiert wurde. Das Resultat war schließlich eine Sammlung,
die nicht nur Bildmaterial zu nahezu allen europäischen Ländern und Epo-
chen bot. Die chronologische Abfolge geistlicher und weltlicher Würdenträ-
ger ermöglichte darüber hinaus vergleichende Porträtstudien, etwa durch
das Gegenüberstellen von Porträts derselben Person in unterschiedlichen
Lebenphasen. Dieser geschichtlich verstandene Gebrauch der Porträtsamm-
lung als bildliches Quellenmaterial für das Studium der Geschichte bildete
den eigentlichen Impuls zu ihrer Formierung.
153 So erwarb Erzherzog Franz im Mai 1785 beim Buchhändler Johann Georg Kapler in Wien
Johann Hübners katechetische Lehrbücher „Genealogische Tabellen nebst denen darzu
gehörigen genealogischen Fragen“ (Leipzig 1727–37) sowie dessen „Kurtze Fragen aus
der Genealogie, Nebst denen darzu gehörigen Tabellen […] (Leipzig, 1737–1744). ÖStA,
HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, Rechnung vom 21. Mai 1785.
154 „Werden solche Bildnisse so dann nach dem Exempel so vieler Gelehrten mit gründlichen
Lebens-beschreibungen und Abbildungen des Charakters der Gelehrten verknüpfet, so
muß notwendig Nutzen und Ergözlichkeit aus solcher Sache fliessen.“ Brucker (1741), Bd.
1, Vorrede S. IV.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur