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II.
SAMMELSTRATEGIEN58
Die Bestände der „Collectio Iconum virorum et feminarum illustrium“, der
Porträtsammlung, wurden von Sauer nicht zahlenmäßig erfasst, sondern
einer Gesamtschätzung unterzogen, die er im Anschluss an die Schätzer-
gebnisse der Bücher und der Sammlung von Handzeichnungen botanischen
Inhalts anführte. Ihren Wert schätzte er zu diesem Zeitpunkt bereits auf
32.500 fl.
Spezifischere Aussagen zum Umfang der Sammlung lassen sich aus ei-
nem späteren Schreiben Sauers ableiten, welches dieser im Dezember 1809
an den Vorsteher der kaiserlichen Privatbibliothek, Kabinettssekretär Peter
Thomas Young, richtete. Young hatte Sauer während der Zeit der französi-
schen Invasion die Sorge um die Verwahrung der Porträtsammlung übertra-
gen, welche dieser im Keller des k.k. Waisenhauses in der Wiener Währinger
Straße vor den herannahenden französischen Truppen versteckte.
In dem Bericht, den Sauer nach Abzug der Franzosen an Young erstat-
tete, erwähnt er, dass er „am 3ten May, wo sich der Feind mit schnellen
Schritten bereits Wien genähert hatte“, eine „Sammlung von 678 Portefeuil-
les“ übernommen habe.158 552 Portefeuilles in Großfolio sollen dabei auf die
Porträts entfallen sein, dazu kamen „126 eben solche mit Kunstblättern“.159
Beide Quellen geben Grund zur Annahme, dass ein überwiegender Teil
der Porträtsammlung, die sich zum Tod des Kaisers im Jahr 1835 auf mehr
als 66.000 Blätter belief, bereits in der ersten Hälfte seiner rund fünfzig
Jahre währenden Sammeltätigkeit erworben wurde. Das rasante Anwach-
sen in dieser relativ kurzen Zeitspanne war nur durch eine konsequente und
breit angelegte Erwerbungspolitik möglich, die auf mehreren Strategien be-
ruhte (Tf. 1). In allererster Linie sei hier die kontinuierliche Ankaufstätig-
keit im in- und ausländischen Kunsthandel genannt, die für den gesamten
Sammelzeitraum belegt ist. Noch ein Jahr vor dem Tod des Kaisers lassen
sich Ankäufe von Porträtstichen im Kunsthandel nachweisen. Neben dem
fortwährenden Angebot des Kunsthandels wurden auch auf Auktionen und
Messen stattliche Beträge in die Vermehrung der Porträtbestände inves-
tiert. Hierfür boten sich ebenfalls Kunsthändler als Kommissionäre an, die
vor Ort reisten, um das Angebotene zu sichten oder um als Mittelsmänner
Gebote für den Kaiser abzugeben.
Eine besondere Stellung kommt dabei dem Ankauf der Porträtsammlung
aus dem Nachlass des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes
auf der Leipziger Ostermesse des Jahres 1796 zu (Kap. 4.3), der die Be-
stände der kaiserlichen Sammlung mit einem Schlag um 14.000 Blätter be-
reicherte und Auswirkungen auf die gesamte bisherige Sammlungsstruktur
158 ÖNB, BAG, FKBA01001.
159 Wiener Zeitung vom 14. Dezember 1897, S. 5.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur