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II.
SAMMELSTRATEGIEN70
und Pferderennen, mythologischen Szenen und antiken Monumenten. Das
besondere Interesse, das Franz historischen Bildthemen entgegenbrachte,
manifestiert sich in Grafikblättern, die zu aktuellen Ereignissen der Zeit Be-
zug nehmen.
Vor allem der privilegierte Kunsthändler und Kupferstecher Hierony-
mus Löschenkohl bediente als „Bildberichterstatter“ dieser Jahrzehnte die
starke Nachfrage des Wiener Publikums nach bildlichen Darstellungen
zeitgeschichtlicher Ereignisse.181 In seinem Verkaufsgewölbe am Kohlmarkt
handelte er mit seinen volkstümlich anmutenden und meist grell kolorier-
ten Stichen zu aktuellen Vorgängen des öffentlichen Lebens, denen kurze
Texte zur Erläuterung beigefügt waren. Mit Preisen von durchschnittlich 1
fl. 30 kr. waren diese allgemein erschwinglich. Löschenkohls Stärke lag in
der kurzen Zeitspanne zwischen dem Ereignis, auf das er Bezug nahm, und
der Herausgabe seiner Stiche, die meist nur vier bis sechs Wochen betrug.182
Ihre Veröffentlichungen kündigte er in Annoncen, meist in der Wiener Zei-
tung, an. Bereits im Oktober 1786 hatte Erzherzog Franz bei Löschenkohl,
der ein gutes Verhältnis zum Kaiserhaus pflegte, Flugblätter gekauft.183 Es
handelte sich dabei unter anderem um die kurz zuvor erschienene Darstel-
lung „Friedrichs letzter Tag“.184 Nachdem Friedrich der Große am 17. Au-
gust in Schloss Sanssouci verstorben war, wurde er noch am selben Abend
in der Potsdamer Garnisonskirche beigesetzt. Erst am 9. September folgte
das Leichenbegängnis, bei dem der leere Paradesarg in einer feierlichen In-
szenierung in die Gruft einzog. Die Darstellung dieser Feierlichkeit erwarb
Franz bei Löschenkohl ebenso wie die „Überfahrt ins Elysium“, auf der der
Preußenkönig über den Styx gerudert und von Persönlichkeiten wie Alexan-
der dem Großen, Julius Cäsar, Prinz Eugen oder Rousseau empfangen wur-
de.185
Die größte zusammenhängende Serie Löschenkohls behandelt die Ereig-
nisse des Türkenfeldzuges des Jahres 1788. Am 13. August 1788 preist er in
einer Anzeige in der Wiener Zeitung „ganz neue interessante, den jetzigen
Krieg betreffende Kupferstiche“ an, die in seinem Gewölbe am Kohlmarkt
zu haben seien.186 Die Serie, die er als eine „Kriegsgeschichte in Bildern“
bezeichnet, umfasst Prospekte und Porträts von Anführern der kaiserlichen
181 Zu den Flugblättern des Hieronymus Löschenkohl: Reingard Witzmann (1978) sowie der
Ausstellungskatalog des Wien Museums: Katalog Wien (2009).
182 Witzmann (1978), S. 12.
183 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 25. Oktober 1786.
184 Wien Museum, Inv. Nr. 108.585.
185 Die Ankündigung der Serie im Anhang zur Wiener-Zeitung Nr. 86 vom 28. Oktober 1786.
ÖNB, BAG, PORT_00067806_01.
186 Anhang zur Wiener-Zeitung Nr. 65 vom 13. August 1788.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur