Seite - 126 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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II.
SAMMELSTRATEGIEN126
5. ERWERBUNGEN UNTER DEN BIBLIOTHEKSVORSTE-
HERN YOUNG UND KHLOYBER
Die ersten zehn Jahre des 19. Jahrhunderts waren geprägt durch eine zwei-
malige Bedrohung der Privatbibliothek des Kaisers vor Plünderung durch
das herannahende französische Heer. Im Jahr 1805 blieben die Bibliotheks-
räume, an denen die Kupferstichsammlung angeschlossen war, größtenteils
vom Feind verschont. Der aus der Gegend von Hannover stammende Buch-
händler Carl Schaumburg nahm einen großen Teil der Bibliothek in Ver-
wahrung und konnte ihn in Sicherheit vor den einmarschierenden Truppen
bringen.394 Vier Jahre später musste die Sammlung abermals vor dem Zu-
griff durch die Franzosen bewahrt werden. Diesmal war es der Kunst- und
Musikalienhändler Ignaz Sauer, der wenige Jahre zuvor mit einem Schätz-
gutachten zum Wert der kaiserlichen Grafiksammlung beauftragt worden
war und nun die Evakuierung der Sammlung leitete. Sauer, Chorregent
und Organist im k.k. Waisenhaus in der Währingerstraße, konnte die auf
678 Portefeuilles aufgeteilte Sammlung im Keller des Waisenhauses vor
den Franzosen verstecken.395 Beide Male hatte die Porträtsammlung keine
nennenswerten Verluste erlitten. Noch einmal, im Sommer 1813, wurden
die Portefeuilles in Kisten verpackt und auf Donauschiffe verladen, um sie
gegebenenfalls auf dem Wasserweg nach Ungarn in Sicherheit bringen zu
können. Der für die Verbündeten glückliche Ausgang des Krieges machte
diese Maßnahme schließlich obsolet.
Während dieser Zeit der militärischen Auseinandersetzungen beschloss
der Kaiser, einen Bediensteten mit den immer umfangreicher werdenden
Tätigkeiten in Bezug auf seine Privatbibliothek und die daran angeschlos-
sene Kupferstich- und Porträtsammlung zu betrauen. Die Wahl fiel auf den
Hofbeamten Peter Thomas Young (1764–1829), Sekretär in der Geheimen
Kabinettskanzlei, der bereits unter Leopold II. gedient hatte.396
Young protokollierte in den Jahren seiner Dienstzeit als Bibliotheksvor-
steher penibel alle Vorgänge und meldete sie dem Kaiser. Das von ihm an-
gelegte Archiv, welches mit dem Jahr 1809 einsetzt, dokumentiert die fort-
währende Einflussnahme des Kaisers Franz auf alle die Porträtsammlung
394 Erwähnt in einem Bericht des Bibliotheksvorstehers Young an den Obersthofmeister
Fürst Trauttmansdorff betreffend ein Gesuch Schaumburgs um den Titel eines Hofbuch-
händlers. ÖNB, BAG, FKBA01003.
395 Sein Bericht zur Evakuierung der Sammlung ist gleichzeitig das erste Aktenstück des
Archivs der Fideikommissbibliothek. ÖNB, BAG, FKBA01001.
396 Zur Karriere des Peter Thomas Young siehe ausführlich Huber-Frischeis/Knieling/Va-
lenta (2015), S. 89–116
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur