Seite - 128 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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II.
SAMMELSTRATEGIEN128
Belegsammlungen des Bibliotheksarchivs dokumentiert. Doch lässt sich ab
den 1810er-Jahren allmählich eine Verlagerung der Akquisitionsvorgänge
in Richtung einer passiven Sammelpolitik beobachten, die auf einen zuneh-
menden Anteil von Erwerbungen hinauslief, welche im direkten Kontakt
zwischen Künstlern und Sammlung getätigt wurden.
Neben Autoren, Verlegern oder Privatpersonen, die sich mit Bittgesuchen
und Eingaben direkt an den Kaiser oder die Privatbibliothek wandten, war
man zunehmend mit Einsendungen von Druckgrafiken oder Zeichnungen
in- und ausländischer Künstler konfrontiert, die um die Aufnahme ihrer Ar-
beiten in die Porträt- oder Kupferstichsammlung oder um Pränumeration
von im Entstehen begriffenen Werken baten. Dabei behielt es sich der Kai-
ser weiterhin vor, alle Entscheidungen hinsichtlich deren Erwerbung selbst
zu treffen.
Bei der Mehrheit der im Bibliotheksarchiv dokumentierten Fälle dieser
Jahre handelt es sich um akademische Kupferstecher aus Wien, die sich mit
druckgrafischen Erzeugnissen an die kaiserliche Privatbibliothek wandten
und diese unter Nennung eines konkreten Ankaufspreises zur Aufnahme
in die Kupferstichsammlung anboten. Die Blätter wurden nicht selten in
zwei Ausführungen, vor und nach der Schrift, angeboten, wobei der Preis
um einige Gulden variierte. Der Bibliotheksvorsteher teilte dem Kaiser den
Inhalt des Schreibens per schriftlichem Vortrag mit, der meist auch eine Be-
urteilung der Qualität des eingesandten Blattes beinhaltete. Schließlich ent-
schied sich der Kaiser für oder gegen einen Ankauf.
Unter den Bittstellern finden sich einige namhafte Kupferstecher, die zu
diesem Zeitpunkt noch vor dem Zenit ihres künstlerischen Schaffens stan-
den. Der Maler und Grafiker Vincenz Georg Kininger etwa sandte im Jahr
1821 sein monumentales Mezzotinto „Apotheose des Kaisers Franz – Die
Segnungen des Friedens“ nach Heinrich Friedrich Füger402 ein, mit der Bitte,
es dem Kaiser widmen zu dürfen. Es wurden daraufhin über die k.k. Poli-
zeihofstelle Erkundigungen über den Künstler eingeholt. Deren Präsident,
Joseph Graf Sedlnitzky, äußerte sich positiv über den Künstler, der „unter
die ersten und vorzüglichsten Künstler in seinem Fache gehöre“ und zudem
unbescholten sei. Es wäre demnach unbedenklich, dem Wunsch des Künst-
lers, „dessen häusliche Umstände nicht glänzend sind“, nachzukommen und
die Widmung anzunehmen.403 Auf Anraten des Staatsrates Andreas Freiherr
von Stifft lehnte Kaiser Franz eine Widmung jedoch ab und ließ stattdes-
sen Fürst von Metternich eine Denkmünze aushändigen, die dieser in seiner
Funktion als Protektor der k.k. Akademie der bildenden Künste, Kininger
402 ÖNB, BAG, Pk 3003,420.
403 ÖNB, BAG, FKBA05043 fol. 1r.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur