Seite - 168 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN168
zen geordnet. Die Münz- und Porträtsammler entnahmen die Chronologie
als Ordnungskriterium der antiken Geschichtsschreibung.538 Die gleiche
Vorgehensweise fand nicht nur in Sammlungen von Porträtbüsten Anwen-
dung, auch die gedruckten Porträtwerke der Renaissance weisen zumeist
chronologische Ordnungsprinzipien auf. Betrachtet man die bekanntesten
Bildnisvitenbücher des 16. Jahrhunderts von Andrea Fulvios numismati-
scher Biografienreihe „Illustrium imagines […]“ (1517)539 über Antonio Laf-
reris „Illustrium Virorum ut extant in Urbe, expressi Vultus“ (1569) bis zu
Nikolaus Reusners „Titel: Icones sive Imagines Virorum Literis Illustrium
[…]“ (1587)540, so reihen diese die darin vorgestellten Personen allesamt nach
deren Todesdatum. Auch gelehrte Sammler des 18. Jahrhunderts griffen
vielfach auf eine Strukturierung nach den Lebensdaten der Dargestellten zu-
rück.541 Johann Andreas Gottfried Schetelig bemerkt in der Vorrede zu seiner
„Ikonographischen Bibliothek“, eine primär aus historischem Interesse am
Bildgegenstand angelegte Porträtstichsammlung sei in chronologischer Folge
zu arrangieren, da die Bildnisse „in der Chronologie und Genealogie eben die
Dienste thun, welche die Urkunden vielmals leisten“.542 Auch der deutsche
Jurist und Sammler Daniel Nettelbladt (1719–1791) riet den Sammlern von
Gelehrtenbildnissen, diese in Portefeuilles zu je etwa 100 Stück zu legen und
in eine chronologische Ordnung zu bringen, welche „am füglichsten nach
ihren Sterbejahren einzurichten“ sei.543 Die chronologische Ordnung sollte
dabei in drei Hauptklassen zerfallen: Eine mit Gelehrten vor dem 12. Jahr-
hundert, eine mit solchen vom 12. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts und
eine mit denjenigen, die in den Jahrhunderten danach lebten. Da diese letzte
Klasse erwartungsgemäß am meisten Material enthalten werde, sollte diese
wiederum nach Jahrhunderten chronologisch geordnet sein. Die Klassenbe-
zeichnungen sollten sichtbar auf den Rücken der Portefeuilles angebracht
sein, z.B. „Icones I[uris]C[onsul]torum recentiorum Sec. XVII“.544
538 Minges (1998), S. 128 f.
539 Fulvio konnte als Vorlage für sein Porträtbuch die Münzsammlung des römischen Ge-
lehrten Jacopo Mazzocchi benützen.
540 Reusner, Nikolaus, Icones sive Imagines Virorum Literis Illustrium, Quorum Fide Et
Doctrina religionis & bonarum literarum studia, nostra patrumque memoria, in Ger-
mania praesertim, in integrum sunt restituta Additis eorundem elogiis diversorum auc-
torum, Straßburg, 1587.
541 So etwa die Sammlung des Hamburger Arztes Friedrich Ludwig Chrsitian Cropp (1718–
1796), dessen rund 30.000 Porträtstiche „chronologisch in Fächern geordnet“ waren.
Hamburgische Künstlernachrichten. Supplemente zu Füeßli’s Künstlerlexicon. Hamburg,
1794, S. 121. Vgl. Anm. 463.
542 Schetelig (1795), S. VII.
543 Nettelbladt (1758), S. 379.
544 Ebenda, S. 380–382.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur