Seite - 184 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN184
teils montiert, teils lose in den Schubladen lagen.595 Leider geht das Inven-
tar nicht näher auf den Inhalt und die Anzahl der Blätter ein, so dass die
Grafiksammlung in der Münchner Kunstkammer heute nicht mehr rekons-
truierbar ist. Ihr weiteres Schicksal ist gänzlich unbekannt. Es ist anzuneh-
men, dass sich unter den Grafikblättern in den 148 Schubladen auch etliche
Porträts befunden haben.
Unter den verzeichneten Werken des Bücherschranks lassen sich hinge-
gen einige Bände nachweisen, die als individuell arrangierte Porträtbände
identifiziert werden können. So wird dort ein kleinformatiger pergamentge-
bundener Band erwähnt, der zeitgenössische wie historische Porträtstiche
enthält.596 Oder ein weiterer mit alten und neuen Kupferstichen und Hand-
zeichnungen, darunter das Bildnis Martin Luthers.597 Auch finden sich da-
runter bedeutende gedruckte Bildniswerke des 16. Jahrhunderts wie etwa
Francesco Terzios fünfbändiges Prachtwerk der habsburgischen Fürsten
und deren Vorfahren (1558)598 oder Enea Vicos Münzbildnisserie römischen
Kaiserinnen (1557).599
In enger Verbindung mit der Münchner Kunstkammer steht das 1565
verfasste Traktat des flämischen Humanisten und Antiquars in bayeri-
schen Diensten, Samuel Quiccheberg (1529–1567), welches als die älteste
bekannte museumstheoretische Schrift gilt.600 Quiccheberg, der seit 1557 Bi-
bliothek und Sammlungen des Johann Jakob Fugger verwaltete, trat 1559
in ein Dienstverhältnis als Berater Herzog Albrechts V. Seine „Inscriptiones
vel Tituli Theatri amplissimi“ beschreiben den Idealtypus einer fürstlichen
Kunstsammlung und geben detaillierte Anleitungen zu deren Einrichtung.601
595 Ebenda, fol. 10r, „[…] schubladen, welche alle mit gestochnen Kupferstichen, unnd von
der handt gerissnen, aufgezogenen, unnd unaufgezognen stuckhen, sambt etlichen holz-
geschnittnen angefült.“
596 Ebenda, fol. 6r, „ein weiß buech in weiß Pergame darinnen allerlay Brustbilder, sowol
Moderna als antiqua in kupffer gestochen in parvo folio“.
597 Ebenda, fol. 6v, „Ein buech in Pappen gebunden, mit allerlay alten und newen kupffersti-
chen, mit Martin Luters bildtnus und ruemraisgen falschen Titl, sambt etlichen von der
handt aufgerißnen stuckhen.“
598 Francisci Tertii Bergomatis Serenissimi Ferdinandi archiducis Austriae ecc. pictoris au-
lici Austriacae gentis imaginum […], Innsbruck, 1558.
599 Le imagini delle donne auguste intagliate in istampa di rame, con le Vite […], Venedig,
1557 Imperatorum Romanorum omnium orientalium et occidentalium verissimae imagi-
nes ex antiquis numismatis ... delineatae addita cuiusque vitae descriptione ex Thesauro
Jacobi Stradae.
600 Quiccheberg, Samuel, Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi, complectentis rerum
universitatis singulas materias et imagines eximias […], München, 1565.
601 Die Deutung des Ordnungsmodells Quicchebergs wurde in der Literatur ausgiebig dis-
kutiert. Vgl. dazu Schlosser (1908), Hajós (1958), Minges (1998), Roth (2000), Brakensiek
(2003), Diemer/Diemer (2008).
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur