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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN190
ren Ländern Europas. Heute ist die Sammlung Teil der Schausammlung im
Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien. Da es sich dabei
ausschließlich um gemalte Porträts handelt, soll in der weiteren Folge nicht
näher auf diese eingegangen und lediglich auf die grundlegende Literatur
verwiesen werden.622
Schließlich sei noch die Prager Kunstkammer betrachtet, die nahezu eine
Generation später durch Kaiser Rudolf II. in der Prager Burg eingerichtet
worden war. Auch sie vereinte neben Kunstwerken astronomische Instru-
mente, exotische Tiere, geschnittene Steine und etliches mehr. Rudolf, der
die Sammlung seines Onkels Ferdinand II. von Tirol auf seiner Rückreise
von Spanien nach Wien im Juli 1571 kennenlernte, konnte nach dem Tod
Ferdinands etliche Kunstkammerobjekte aus dessen Nachlass erwerben.
Die Prager Kunstkammer bestand nach Rotraud Bauer und Herbert Haupt
aus drei aufeinander folgenden Räumen, wovon ein Raum die eigentliche
„kunstcamer“ war, der zwei „gewelbe“ oder „vorkamern“ („fördere kunstcam-
mer“) vorgelagert waren.623 In der Mitte der eigentlichen Kunstkammer be-
fand sich ein langer Tisch („tafel“), der mit Kunstwerken vollgestellt war.
Entlang der Wände waren 20 offene oder geschlossene Almare (Kästen) mit
unterschiedlicher Anzahl von Fächern aufgestellt, deren Inhalt in den über-
lieferten Inventaren genau verzeichnet ist. Bücher und Alben mit Druck-
grafiken oder Zeichnungen, die Rudolf II. in großer Anzahl besaß, wurden
größtenteils in Truhen oder Schreibtischen, die mit Laden versehen waren,
innerhalb der Kunstkammer aufbewahrt.
Das älteste überlieferte Inventar zur Prager Kunstkammer stammt aus
den Jahren 1607–1611 und wurde noch zu Lebzeiten des Kaisers von dessen
Miniaturmaler und Antiquar Daniel Fröschl (1563–1613) angelegt.624 Das
„Verzaichnus, was in der Röm: Kay: May: Kunstcammer gefunden worden“,
in dem auch die Neuzugänge während der letzten fünf Lebensjahre Rudolfs
II. nachgetragen wurden, wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt,
1947 transkribiert und 1976 veröffentlicht.625 Da es sich dabei aber lediglich
um ein Teilinventar der umfangreichen Sammlungen Rudolfs II. handelt, ist
es heute praktisch unmöglich, konkrete Angaben zu den grafischen Porträt-
beständen innerhalb der kaiserlichen Sammlungen zu machen. Die Kunst-
622 Zur Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol vgl. Kenner (1892 bzw.
1893/98), Ladner (1933 bzw. 1935), auch Lhotsky (1941/45), Pflauder (1999), Schütz
(2002).
623 Bauer/Haupt (1976), S. XVII.
624 Im Inventar beruft sich Fröschl auf „eun alt inventarium“ und auf das „alte register“,
woraus man schließen kann, dass es ein ebensolches schon im 16. Jahrhundert gegeben
haben muss. Bauer/Haupt (1976), S. XXXVII.
625 Siehe Anm. 560.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur