Seite - 200 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
Bild der Seite - 200 -
Text der Seite - 200 -
III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN200
16. bis frühen 18. Jahrhunderts – von der in Holzschnitten wiedergegebenen
Porträtsammlung des Paolo Giovio (1577)665 bis zu Friedrich Roth-Scholtzs
Buchhändler- und Buchdruckerbildnissen (1726–29)666. Gedruckte Porträt-
werke wurden also nicht separat aufgestellt, sondern von Heucher als Teil
der Porträtsammlung direkt neben den Klebebänden einsortiert.
Porträtstiche oder -werke, die sich zuvor in der Kunstkammer, der königli-
chen Bibliothek oder anderen Einrichtungen befanden, ließ er sich bald nach
seiner Ernennung von diesen aushändigen, um sie der Sammlung einzuverlei-
ben. Diese Übergaben erfolgten auf ausdrücklichen Wunsch des Kurfürsten,
der im November 1720 anlässlich der Bestallung des Kabinettsministers Ernst
Christoph von Manteuffel (1676–1749) zum Generaldirektor der Sammlungen
und Bibliotheken eine Verordnung erließ, dass „zur Vermehrung Unserer Ca-
bineter dienliche Sachen […] extradiret und verabfolget werden […]“ sollen.667
Vor allem der auch für das Münzkabinett verantwortliche Bibliothekar Sieg-
mund Gottlob Seebisch (1669–1753) lieferte in den ersten Jahren nach Heu-
chers Amtsantritt etliche Porträtstiche von Regenten, Bischöfen, Gelehrten
und sonstigen Personen aus der königlichen Bibliothek an das Kupferstich-Ka-
binett ab, die anschließend in die Porträtsammlung eingeordnet wurden.668
Die „Consignation en détail“, die 18 Jahre nach Gründung des Kupfer-
stich-Kabinetts erstellt wurde, dokumentiert Heuchers Bemühungen, die
Porträtstiche aus den kurfürstlichen Sammlungen in eine systematische Ord-
nung zu überführen. Prinzipiell stand Heucher, der als Botaniker und Natur-
forscher eine Neigung zur wissenschaftlichen Klassifizierung mitbrachte, vor
der Aufgabe einer grundlegenden Neusystematisierung des gesamten Kupfer-
stich-Kabinetts. In der „Consignation en détail“ gliedert er den gesamten im
Kabinett vorhandenen Grafik- und Zeichnungsbestand in 22 „Bureaux“, wobei
ein Bureau jeweils einem Schrank im Kabinett entsprach. Jedes der Bureaux
war mit einer römischen Zahl und einem Titel versehen und in der Regel mit
acht Schüben oder Schubladen, sogenannten „Repositoires“, ausgestattet.669
Der Umfang der Porträtsammlung zu diesem Zeitpunkt lässt sich anhand der
Tatsache ermessen, dass sich diese über zwei Bureaux erstreckte.
Die von Heucher entwickelte Ordnung des Dresdner Kupferstich-Kabi-
netts präsentiert sich als ein Nebeneinander von stilistischen, ikonografi-
665 Müller, Theobald, Musaei Joviani Imagines artifice manu ad vivum expressae […], Basel, 1577.
666 Roth-Scholtz, Friedrich: Icones bibliopolarum et typographorum ab incunabulis typogra-
phiae […] bene meritorum, 2 Bde., Nürnberg u. Altdorf, 1726–1729.
667 Aus der Bestallungsurkunde Manteuffels vom 15. November 1720, zitiert nach Heres
(1991), S. 47.
668 Die Transkripte der Bescheinigungen über Abgaben aus der Bibliothek an das Kupfer-
stich-Kabinett aus den Jahren 1723–1764 sind publiziert bei Melzer (2010), S. 655–666.
669 Schnitzer (2000), S. 19.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur