Seite - 205 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN 205
rum eine Binnengliederung, von religiö-
sen bis zu profanen Motiven, aufweisen.
Bei Malern, die überwiegend im Port-
rätfach tätig waren, gliederte Heineken
die Porträtstiche in Klassen, beginnend
mit Porträts des Künstlers. So folgen
etwa die Bildnisse in den zwei Bänden
der „Portraits et les autres Oevres“ von
Hyacinthe Rigaud folgender Ordnung:
Porträts von Rigaud – König und könig-
liche Familie – Generäle und Militärs –
Angehörige des Hofstaates – Ausländer
– Richter und Advokaten – Geistlichkeit
– Gelehrte – Frauen.677
Durch die Formierung und Systema-
tisierung der Brühl’schen Sammlung ge-
wann Heineken jene Erfahrung, der er
sich nach seinem Amtsantritt als Direk-
tor des Dresdner Kupferstich-Kabinetts
1746 bei der Organisation der königli-
chen Sammlung bedienen konnte und
die schließlich in seiner theoretischen
Abhandlung aus dem Jahr 1771 mündete. Am Ende seiner 17 Jahre dau-
ernden Direktion umfasste die kurfürstliche Sammlung rund 130.000 gra-
fische Blätter, die Sammlung von Porträtstichen enthielt 5670 Bildnisse.678
Die nachhaltigste Leistung Heinekens bestand jedoch in einer tiefgreifenden
systematischen Neuorganisation der grafischen Sammlung nach seinem ei-
genen methodischen Modell.
Die theoretischen Prinzipien, die er teilweise bereits in der Systematik
der Grafiksammlung des Grafen von Brühl umgesetzt hatte und die er nun
im kurfürstlichen Kupferstich-Kabinett weiterentwickelte, formuliert er in
seiner 1771 anonym erschienenen Abhandlung „Idée générale d‘une collec-
tion complette d‘estampes“679, dem theoretischen Modell einer umfassenden
und systematisch strukturierten Grafiksammlung. Sein Modell, in dem er
sich immer wieder auf die Dresdner Sammlung bezieht, gilt als Archetyp der
677 St. Petersburg, Kupferstichabteilung der Staatlichen Eremitage, Inv. Nr. OG20176-
20433. Publiziert bei Ozerkov (2009), S. 164.
678 Singer (1911), S. 15.
679 Idée générale d‘une collection complette d‘estampes avec une dissertation sur l’origine de
la Gravure & sur les premiers Livres d’Images, Leipzig–Wien, 1771.
Abb. 55: Karl Heinrich von Heineken
(1707–1791)
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur