Seite - 220 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN220
und Berufsbezeichnungen über eine hierarchische Ordnung hinwegsetzte
und somit Vließritter neben Verbrechern zu stehen kamen, teilte man die
Stände in der Sammlung des Prinzen Eugen nach Klassen, deren hierar-
chische Abfolge sich innerhalb der Länder jeweils mehr oder weniger wie-
derholte.715 Zuvorderst reihte man stets Gelehrte und „Hommes de Lettres“
– Rechtsgelehrte und Advokaten, Geschichtsschreiber, Kritiker, Gramma-
tiker und Philologen, Dichter und Philosophen. Danach kamen die Natur-
wissenschaften in Person von Mathematikern und Geographen, gefolgt von
berühmten Ärzten, Wundärzten, Chemikern, Apothekern oder Alchemisten.
Die Klasse der „Artistes“ teilte sich in Maler, Bildhauer, Baumeister und
Gartenarchitekten, Kupferstecher und Kupferhändler, Buchdrucker und
Buchhändler, Tonkünstler, Ballettmeister, Fechtmeister, Kalligraphen,
schließlich Handwerker wie Goldschmiede, Steinschneider, Glockengießer
und Waffenschmiede.
Der Klerus, oftmals als „erster Stand“ bezeichnet, fand sich, außer bei
den Bildnissen des Kirchenstaats und der Fürsterzbistümer, stets zuletzt
gereiht. Auf Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, geordnet nach ihren Bi-
stümern, folgten Äbte und Prioren, Domherren, Pfarrer nach Pfarren,
schließlich Priester, Doktoren der Theologie und andere Geistliche in al-
phabetischer Reihenfolge. Den Abschluss teilte sich jeweils die reformierte
Geistlichkeit mit den Anhängern diverser Irrlehren („Heresiarques“)716.
Wiederum anders stellt sich die Ordnung der Bildnisse dar, die unter der
Abteilung „alleMagne“ die bei Weitem größte Gruppe innerhalb der Port-
rätsammlung ausmachten. Unter dem allgemeinen Überbegriff waren nicht
nur die deutschen Fürsten- und Herzogtümer vereint, man zählte auch das
Haus Österreich, die gesamten habsburgischen Erblande und das König-
reich Böhmen sowie die Schweiz dazu.
Deutlich offenbaren sich hier die Grenzen einer Ordnungskonstruktion,
die Personen nach territorialer Herkunft zu gliedern versucht. An mehreren
Stellen wurde das System absichtlich durchbrochen, indem man etwa dazu
überging, Akteure historisch bedeutender Ereignisse in eigenen Unterklas-
sen zusammenzufassen. Sie wurden dann jeweils dem Land zugeordnet, auf
dessen Boden das Geschehen stattfand. Diese Kategorien bilden einen in-
teressanten Schnittpunkt zwischen der Porträtsammlung des Prinzen und
715 Die einzelnen Klassen variierten je nach vorhandenem Porträtbestand. So gab es etwa
bei deutschen Reichsstädten wie Augsburg oder Regensburg die Kategorie „Bürger“, die
bei anderen Ländern fehlte. Die Klasse „Kunstsammler“ existierte wiederum nur bei den
Niederlanden usw.
716 Hierzu zählten Täufer und Wiedertäufer, Mystiker, Exulanten und Anführer kleinerer
Sektenbewegungen.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur